Die Selbstverwaltung einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG- Gemeinschaft) erscheint für Wohnungseigentümer auf den ersten Blick als eine gute Idee: Wohnungseigentümer sparen die Verwaltergebühr, regeln die Verwaltung gemeinschaftlich, haben immer einen guten Überblick über die wirtschaftliche Lage der WEG-Gemeinschaft und müssen sich nicht auf einen externen Verwalter verlassen.  Doch ist diese Wunsch-Selbstverwaltung in der Praxis umsetzbar?

Der nachfolgende Artikel erklärt, mit welchen Problemen Wohnungseigentümer bei der Selbstverwaltung einer WEG regelmäßig konfrontiert sind und warum die Selbstverwaltung besonders nach der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) kaum mehr möglich ist.

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I. Was ist die Selbstverwaltung einer WEG?

In § 18 Abs. 1 WEG ist geregelt, dass die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer obliegt.

Dazu kommt gemäß § 9 b WEG die gemeinschaftliche Vertretungsbefugnis: Danach vertreten alle Wohnungseigentümer die WEG-Gemeinschaft nach außen gemeinschaftlich.

Das bedeutet, bei einer echten Selbstverwaltung muss die Verwaltung des Wohnungseigentums durch alle Wohnungseigentümer gemeinschaftlich erfolgen und die WEG-Gemeinschaft muss durch alle Wohnungseigentümer gemeinsam vertreten werden. Eine Selbstverwaltung ist daher begrifflich bereits nur bei kleineren WEG-Gemeinschaften vorstellbar.

Was bei der Wahl einer Selbstverwaltung von den Eigentümern im Allgemeinen zu beachten ist, lesen Sie in dem Beitrag: Selbstverwaltung der Wohnungseigentümergemeinschaft: Organisationsform, Bestellung, Haftung und Vergütung

II. Warum erschwert die gesetzliche Neuregelung die Selbstverwaltung?

Nach dem WEG haben alle Wohnungseigentümer einen gesetzlichen Anspruch auf eine Verwaltung nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 WEG. Solange daher alle einstimmig für eine Selbstverwaltung sind und diese ordnungsgemäß funktioniert ist die Selbstverwaltung als solche unproblematisch wählbar.

Sobald allerdings ein Wohnungseigentümer nicht mehr zufrieden ist mit der Selbstverwaltung, kann sich das Blatt schnell wenden: Aus § 18 Abs. 2 Nr. 1 WEG kann jedem Wohnungseigentümer ein Anspruch auf die Bestellung eines Verwalters erwachsen, wenn die bisherige Verwaltungsform nicht ordnungsgemäß funktioniert. Und nicht nur das: Im Bewusstsein, dass die gemeinschaftliche Verwaltung in der Praxis schwierig umsetzbar ist, hat der Gesetzgeber mit der WEG-Reform nunmehr einen ausdrücklichen Anspruch auf Verwalterbestellung nach §§ 19 Abs. 2 Nr. 6, 26 a WEG normiert. Danach kann jeder einzelne Eigentümer die Bestellung eines zertifizierten Verwalters verlangen — unabhängig davon, ob die bisherige Verwaltung nicht funktioniert. Der Anspruch ist damit jederzeit durchsetzbar.

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III. Was sind typische Probleme bei der Selbstverwaltung

Doch nicht nur die Etablierung der Selbstverwaltung als solche, sondern auch die Umsetzung der Selbstverwaltung in der Praxis scheint kaum möglich. Zahlreiche Herausforderungen und Probleme machen eine echte Selbstverwaltung für die meisten WEG-Gemeinschaften nahezu unmöglich.

1. Problem: Fehlende Struktur und Unterschätzen des Verwaltungsumfangs

Sollen alle Wohnungseigentümer gemeinschaftlich verwalten, bedarf es eines komplexen und detaillierten Geschäftsverteilungsplans. Jeder Wohnungseigentümer muss seine Aufgaben kennen. Es dürfen keine Verwaltungsaufgaben anfallen, die nicht einem bestimmten Aufgabenbereich zugeordnet sind. In der Praxis steht eine WEG- Gemeinschaft sonst als bald vor dem Problem, dass trotz Selbstverwaltung Verwaltungsaufgaben unerledigt bleiben und im schlimmsten Fall, Streit entsteht, wer für die unerledigten Aufgaben zuständig ist.

Bevor eine Selbstverwaltung in Betracht kommt, sollten Wohnungseigentümer einen Überblick über die Aufgaben einer Wohnungseigentumsverwaltung haben.

Lesen Sie hier auf was es ankommt:

2. Problem: Interessenkonflikte bei der Selbstverwaltung

An Interessenkonflikten der Wohnungseigentümer scheitern die meisten Selbstverwaltungen, denn eine offene Kommunikation und eine kooperative Zusammenarbeit sind bei einer WEG-Gemeinschaft nicht immer zu erreichen. Oftmals können die Wohnungseigentümer bei Streitthemen keine gemeinsamen Lösungen finden oder einzelne treffen im Rahmen ihres Aufgabenbereichs Entscheidungen, durch die die Interessen der anderen Wohnungseigentümer unangemessen benachteiligt werden.

Umso größer die WEG-Gemeinschaft ist und umso unterschiedlicher die Nutzungsarten des Sondereigentums sind, umso höher ist das Konfliktpotential.

Bei einer Selbstverwaltung führen Interessenkonflikte —anders als bei einem Externen Verwalter— fast immer zur Handlungsunfähigkeit der Verwaltung.

3. Problem: Keine ausreichenden Fachkenntnisse zur Immobilienverwaltung

Fehlende Fachkenntnisse, fehlende Fortbildungen und kaum existente Praxiserfahrung machen es für Wohnungseigentümer schwer eine ordnungsgemäße Selbstverwaltung zu führen. Nur die wenigsten WEG-Gemeinschaften investieren in fachliche Schulungen für die Wohnungseigentumsverwaltung und dabei ist ein fundiertes Wissen im WEG-Recht, im Vertragsrecht und in der Finanzverwaltung einschließlich Buchhaltung ausschlaggebend, um die anfallenden Aufgaben erfolgreich zu bewältigen.

Dazu kommt das fehlende technische Knowhow, das eine externe Hausverwaltung bieten kann. Spezielle Buchhaltungssoftware und Finanzverwaltungsprogramme fehlen bei Selbstverwaltungen oft und erschweren die Bewältigung der anfallenden Aufgaben.

In der Praxis unterlaufen den Wohnungseigentümern bei der Selbstverwaltung daher in der Regel Fehler, z.B. im Wirtschaftsplan, der Jahresabrechnung oder aufgestellten Sanierungsplänen. Zum Teil werden rechtliche Verpflichtungen wegen Rechtsunkenntnis missachtet: Es folgen rechtsunwirksame Abreden und unwirksame Beschlüsse.

Führen solche Fehler zu wirtschaftlichen Schäden bei der WEG- Gemeinschaft, stellt sich schnell die Frage, wer haftet. Im ungünstigsten Fall müssen einzelne Wohnungseigentümer für ihre Fehler persönlich haften.

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4. Problem: Zeitliche Überlastung und kein finanzieller Ausgleich

Wie den Umfang der Aufgaben, unterschätzen viele Wohnungseigentümer auch den Umfang des zeitlichen Aufwands, bei der Erfüllung von Verwaltungsaufgaben in der Selbstverwaltung.  In einer WEG- Gemeinschaft haben nicht alle Wohnungseigentümer ausreichend Zeit für Ihre Teilhabe an der Selbstverwaltung. Berufliche und persönliche Verpflichtungen können zusammen mit der Verwaltungstätigkeit für Wohnungseigentümer schnell zu einer Überlastung führen, mit der Folge, dass sie Aufgaben schnell und mangelhaft erledigen.

Da es bei der echten Selbstverwaltung als Ehrenamt bis auf die Aufwandsentschädigung keine zusätzliche Vergütung gibt, fehlt den Wohnungseigentümern zudem oft die Motivation sich die notwendige Zeit für eine ordnungsgemäße Verwaltung zu nehmen. Wollen Sie eine Vergütung für die Selbstverwaltung bedürfen die Wohnungseigentümer einer Berufserlaubnis.

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IV. Zusammenfassung

Die Selbstverwaltung einer Wohnungseigentümergemeinschaft ist in der Praxis, bis auf wenige Ausnahmen, kaum mehr möglich: Die Aufgaben der Hausverwaltung sind regelmäßig zu umfangreich, zu zeitintensiv und zu komplex, um sie bewältigen zu können. Dazu kommt, dass die Wohnungseigentümer in ihren Entscheidungen oft nicht unbefangen genug sind, um den Interessen aller Wohnungseigentümer einen angemessenen Ausgleich zu verschaffen. Das führt zwangsläufig zu Konflikten. Der gesetzliche Anspruch auf einen zertifizierten Hausverwalter, wird die Möglichkeit der Selbstverwaltung einer WEG ebenfalls verringern.

Mein Name ist Dennis Hundt. Seit 2009 schreibe ich hier Beiträge für Immobilien­eigentümer. Mit meinem Portal Hausver­walter-Vermittlung.de helfe ich Eigentümern bei der Suche nach einer neuen Haus­ver­waltung. Eigentümer können hier kostenfrei und unverbindlich Angebote von Hausverwaltungen aus Ihrer Nähe anfordern.

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