Eigentümerversammlung sind von dem Verwalter mindestens einmal im Jahr einzuberufen und es finden zahlreiche Beschlussfassungen statt. Dazu kommen außerordentliche Eigentümerversammlungen und Umlaufverfahren, in denen die Wohnungseigentümer ihre Entscheidungen durch Beschlüsse statuieren. Das dabei nicht jeder Beschluss von allen Eigentümern als gültig angesehen wird, ist nur logisch. Doch wann ist ein Beschluss wirklich ungültig und nichtig? Woran erkennt man die Nichtigkeit eines Beschlusses des Eigentümergemeinschaft?

Der nachfolgende Artikel, erklärt wann ein Beschluss der Eigentümergemeinschaft nichtig ist, gibt Beispiele aus der Praxis und grenzt den nichtigen Beschluss von dem anfechtbaren Beschluss ab.

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I. Was ist der Unterschied zwischen einem nichtigen und einem anfechtbaren Beschluss?

Wann ein Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft nichtig ist, wird im § 23 Abs. 4 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) ausdrücklich definiert: Danach ist ein Beschluss nichtig, der gegen eine Rechtsvorschrift verstößt, auf deren Einhaltung rechtswirksam nicht verzichtet werden kann. Im Übrigen ist ein Beschluss gültig, solange er nicht durch rechtskräftiges Urteil für ungültig erklärt wird.

Das bedeutet, dass Beschlüsse die z.B. gegen das WEG, Vereinbarungen der Gemeinschaftsordnung, die Teilungserklärung oder gegen sonstige Rechtsvorschriften verstoßen nichtig sind. Eine Ausnahme gilt nur bei Vorschriften auf deren Einhaltung verzichtet werden kann.

Im Unterschied zu einem anfechtbaren Beschluss ist ein nichtiger Beschluss von Anfang an ungültig.

Seine Ungültigkeit muss also nicht erst durch ein Gericht beschlossen werden, sondern sie ist von sich aus gegeben. Daher ist bei einem nichtigen Beschluss die Nichtigkeitsfeststellungklage § 44 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. WEG die statthafte Klageart. Bei einem anfechtbaren Beschluss ist es die Anfechtungsklage.

Da in der Praxis eine Abgrenzung oft nicht einfach ist und es in der Regel nicht offensichtlich ist, ob ein nichtiger oder nur anfechtbarer Beschluss vorliegt, werden oft beide Klagearten gelichzeitig geltend gemacht.

Mehr zu dem anfechtbaren Beschluss lesen Sie hier: Eigentümergemeinschaft: Wann ist ein Beschluss anfechtbar?

II. Beispiele: Wann ein Beschluss nichtig ist

Wie bereits angeführt, verstoßen nichtige Beschlüsse regelmäßig gegen eine Rechtsvorschrift des WEG, die Teilungserklärung oder die Gemeinschaftsordnung.

Die Nichtigkeit eines Beschlusses kann sich somit z.B. daraus ergeben, dass die Eigentümerversammlung Dinge beschließt, die über Ihre Beschlusskompetenz hinausgehen. Nach dem Bundesgerichtshof (BGH) gilt ein Beschluss der Wohnungseigentümer als nichtig, soweit er Regelungen enthält, die nach der gesetzlichen Kompetenzzuweisung und den Bestimmungen in der Gemeinschaftsordnung einer Entscheidung durch Mehrheitsbeschluss nicht zugänglich sind (vgl. (vgl. BGH, Urteil vom  09.03.2012, Az.: V ZR 147/11; BGH, Beschluss vom 20. September 2000, Az.: V ZB 58/99; BGH; Beschluss vom 2. Juni 2005, Az.: V ZB 32/05, BGHZ 163, 154, 179).

Die Nichtigkeit eines Beschlusses droht zudem, wenn die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer  einen Beschluss fasst, der völlig unbestimmt, in sich widersprüchlich oder sachlich undurchführbar ist (vgl. Landgericht (LG) Berlin, Urteil vom 05.05.2013, Az.: 55 S 52/12 WEG). Wann ein Beschluss zu unbestimmt ist, ist allerdings immer durch Auslegung zu ermitteln. Dazu hat das LG Hamburg z.B. erklärt, dass ein Beschluss jedenfalls dann noch nicht nichtig ist, wenn eine durchführbare Regelung noch erkennbar ist. Solange also ein Regelungsinhalt erkennbar ist mag der Beschluss zwar anfechtbar sein, aber nicht nichtig. Nur dann, wenn selbst durch Auslegung (nach objektiv-normativen Kriterien) der Inhalt des Eigentümerbeschlusses

  • nicht eindeutig feststellbar oder
  • widersprüchlich ist oder
  • ohne erkennbare vollziehbare Regelung ist oder gar bedeutungslos,

liegt eine Nichtigkeit des Beschlusses der Eigentümerversammlung vor (vgl. LG Hamburg, Urteil vom 28.03.2012, Az.: 318 S 45/11).

Soweit bei der Auslegung des Beschlusses Begleitumstände heranzuziehen sind, sind diese nur relevant, wenn diese auch für einen objektiven Betrachter aus dem Protokoll erkennbar sind (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 10.09.1998, Az.: V ZB 11/98). Das bedeutet, Umstände außerhalb des protokollierten Beschlusses dürfen bei der Auslegung des Inhalts eines Beschlusses nur dann herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar sind, z. B. weil sie sich aus dem – übrigen – Versammlungsprotokoll ergeben.

Hier einige Beispiele aus der Rechtsprechung zu nichtigen Beschlüssen wegen Unbestimmtheit oder fehlender Beschlusskompetenz:

  • Beschluss über eine Hausordnung mit Musizierverbot:

Der Beschluss über eine Hausordnung mit der Regelung: „Das Singen und Musizieren ist nur von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr und von 14.00 Uhr und 20.00 Uhr in nicht belästigender Weise und Lautstärke gestattet. Rundfunk- und Fernsehgeräte, Plattenspieler usw. dürfen nur in der Lautstärke betrieben werden, dass die Mitbewohner nicht belästigt werden“ ist mangels hinreichender Bestimmtheit unwirksam. Die Regelung ist zu unbestimmt, da sich weder aus der getroffenen Regelung noch aus der Niederschrift der Wohnungseigentümerversammlung entnehmen lässt, in welchen Fällen und unter welchen Umständen das Musizieren eine Belästigung darstellt ( vgl. BGH, Urteil vom 10.09.1998, Az.: V ZB 11/98).

  • Beschluss zur Begründung von Sondernutzungsrechten (Freischankfläche im Vorgarten) durch Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümerversammlung unzulässig:

Ein Sondernutzungsrecht kann nur durch Vereinbarung begründet werden. Durch Beschlussfassung können nur solche Angelegenheiten geordnet werden, über die nach dem Wohnungseigentumsgesetz oder nach einer Vereinbarung die Wohnungseigentümer durch Beschluss entschieden werden darf, anderenfalls bedarf es einer Vereinbarung. Beschlüsse, die ohne Beschlusskompetenz getroffen werden sind nichtig (vgl. BGH, Urteil vom 20.09.2000, Az.: V ZB 58/99).

  • Beschluss über Jahresabrechnung der Rückstände aus dem Vorjahr zwecks Begründung einer Zahlungsverpflichtung in die Abrechnung einbezieht:

Beitragsrückstände sind kein zulässiger Bestandteil einer Jahresabrechnung im Sinne des § 28 Abs. 3 WEG. Die Jahresabrechnung ist auf die Abrechnung der Kosten des abgelaufenen Wirtschaftsjahrs unter Berücksichtigung der von den Eigentümern geleisteten Vorschüsse beschränkt. Damit fehlt den Wohnungseigentümern hinsichtlich solcher abrechnungsfremden Positionen die Beschlusskompetenz im Rahmen des Beschlusses zur Jahresabrechnung, Zahlungsverpflichtungen durch Mehrheitsbeschluss zu begründen. Die Aufnahme der Vorjahresrückstände in die Jahresabrechnung hat daher die Nichtigkeit des darauf bezogenen Teils des Beschlusses zur Folge (vgl. BGH, Urteil vom  09.03.2012, Az.: V ZR 147/11).

  • Beschluss über Änderung der Teilungserklärung (Kostenverteilung):

Die Wohnungseigentümer sind zu einer Änderung der Teilungserklärung durch eine Mehrheitsentscheidung grundsätzlich nicht in der Lage. Anders verhält es sich nur, wenn die Teilungserklärung eine Öffnungsklausel aufweist, wenn Gegenstand der Beschlussfassung die Verteilung von Betriebskosten nach Verursachung ist, § 16 Abs. 3 WEG, oder wenn über die Kostenverteilung in einem Einzelfall entschieden werden soll, § 16 Abs. 4 WEG. Ein Beschluss über die Änderung der Kostenverteilung der Teilungserklärung ist daher wegen fehlender Beschlusskompetenz unwirksam (BGH, Urteil vom 25.09.2009, Az.: V ZR 33/09).

  • Beschluss über Änderung des Umlageschlüssels unbestimmt:

Ein Beschluss über die Änderung des Kostenverteilungsschlüssels einzelner Abrechnungspositionen ist zu unbestimmt, wenn sich die Berechnungsgrundlage nicht aus dem Beschluss bzw. dem Protokoll der Eigentümerversammlung ergibt. So z.B. wenn es heißt “Die Eigentümerversammlung beschließt die Änderung des Umlageschlüssels in der Abrechnung für die Betriebs- und Verwaltungskosten von Miteigentumsanteile auf qm-Wohnfläche“ obwohl nicht für alle Flächen Flächenangaben in der Teilungserklärung enthalten sind und damit unklar ist auf welche Wohnflächenangaben Bezug genommen wird (vgl. Amtsgericht (AG) Norderstedt, Urteil vom 05.12.2012, Az.: 44 C 283/12).

  • Beschluss über die generelle Fortgeltung des Wirtschaftsplans ist nichtig: Die Wohnungseigentümer haben lediglich die Kompetenz zu beschließen, dass ein konkreter Wirtschaftsplan bis zur Beschlussfassung über den nächsten Wirtschaftsplan fortgelten soll; sie haben keine Beschlusskompetenz eine abstrakt-generelle Regelung zu beschließen, nach der jeder zukünftige Wirtschaftsplan bis zur Verabschiedung eines neuen fortgelten soll. Das bedarf hingegen der Vereinbarung (vgl. Landgericht (LG) Itzehoe, Urteil vom 17.09.2013, Az.: 11 S 93/12; BGH, Urteil vom 14.12.2018, Az.: V ZR 2/18).

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III. Wie wirkt sich ein Nichtiger Beschluss aus?

Ist ein Beschluss der Wohnungseigentümer nichtig entfaltet er keinerlei Rechtswirkungen. D.h. der Beschluss ist für die Wohnungseigentümer nicht bindend und darf auch nicht vom Verwalter umgesetzt bzw. durchgeführt werden. Anderenfalls macht sich der Verwalter gegenüber der Eigentümergemeinschaft schadenersatzpflichtig (AG München, Urteil vom 16.01.19, Az.: 85 C 15894/18 WEG).

IV. Wer stellt die Nichtigkeit fest?

Die Nichtigkeit eines Beschlusses einer Wohnungseigentümergemeinschaft ist eine gesetzliche Rechtsfolge, wenn die Voraussetzungen der Nichtigkeit vorliegen. Ein nichtiger Beschluss ist also nie wirksam.  Die Feststellung der Nichtigkeit durch ein Gericht hat vielmehr Klarstellungsfunktion.

Durch die gerichtliche Feststellung wird diese Rechtsfolge gerichtlich bestätigt. Jeder Eigentümer kann bei dem zuständigen Gericht beantragen, dass der betreffende Beschluss nichtig ist. Eine Frist gibt es hier nicht. Der Feststellungsantrag ist jederzeit zulässig. Für die Feststellung der Nichtigkeit gilt nicht die einmonatige Anfechtungsfrist nach § 45 WEG, die Berufung auf die Nichtigkeit solcher Beschlüsse ist zu jeder Zeit möglich.

V. Fazit und Zusammenfassung

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass ein Beschluss der Eigentümergemeinschaft immer dann nichtig ist, wenn er

  1. gegen eine Rechtsvorschrift, die Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung verstößt oder
  2. zu unbestimmt ist oder
  3. die Eigentümergemeinschaft nicht befugt war, einen entsprechenden Beschluss zu fassen (d.h. die Beschlusskompetenz fehlte).

Mein Name ist Dennis Hundt. Seit 2009 schreibe ich hier Beiträge für Immobilien­eigentümer. Mit meinem Portal Hausver­walter-Vermittlung.de helfe ich Eigentümern bei der Suche nach einer neuen Haus­ver­waltung. Eigentümer können hier kostenfrei und unverbindlich Angebote von Hausverwaltungen aus Ihrer Nähe anfordern.

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