Die jährliche Eigentümerversammlung ist für viele der Ort, an dem sie über die entscheidenden Verwaltungsfragen und Probleme der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG-Gemeinschaft) sprechen. Die Eigentümer tauschen sich aus, unterhalten sich über Probleme und besondere Anliegen. Sie treffen die wichtigsten Entscheidungen für das kommende Verwaltungsjahr.  Die Eigentümerversammlung ist das Herzstück der Willensbildung der WEG-Gemeinschaft. Einige ältere oder technisch unversierte Eigentümer können sich daher kaum vorstellen, wie die Eigentümerversammlung als Online-Versammlung funktionieren soll. Wie soll ein Austausch unter den Eigentümern möglich sein? Bringen Onlineversammlungen nicht mehr Hürden als Vorteile mit sich?

Fakt ist: Nicht für alle Eigentümer ist eine zunehmende Digitalisierung im Rahmen der Wohnungseigentumsverwaltung ein Segen. Der nachfolgende Artikel soll Verwaltern helfen die Probleme und Bedenken älterer und technisch unversierten Eigentümer aufzuzeigen und praxisnahe Lösungsansätze bieten.

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I. Online-Eigentümerversammlung: Virtuell oder hybrid?

Das Thema der Möglichkeit der Online-Eigentümerversammlung und die Einführung in die WEG-Gemeinschaft ist den meisten Verwaltern geläufig. Bei der Abgrenzung der zwei Typen der Onlineversammlung — virtuelle Eigentümerversammlung und hybride Eigentümerversammlung —gibt es in der Regel auch keine Probleme: Der Unterschied ist, dass die virtuelle Eigentümerversammlung eine reine Online-Versammlung ohne physische Präsenz ist und die hybride Eigentümerversammlung eine Kombination aus Präsenzteilnahme und Online-Zuschaltung.

Verwalter, die Ihr Wissen in diesem Bereich auffrischen wollen, können dies hier: Unterschiede: Digitale und hybride Eigentümerversammlungen – was muss ich wissen? und Rechtliche Grundlagen für digitale und hybride Eigentümerversammlungen

Ältere und technisch unversierte Eigentümer können mit der Abgrenzung der zwei unterschiedlichen Arten der Onlineversammlung am Anfang meist gar nichts anfangen, da sie sich die Umsetzung in der Praxis oft nicht vorstellen können.

Der richtige Zeitpunkt für die Erläuterung der virtuellen und hybriden Eigentümerversammlung ist aber spätestens dann, wenn die Beschlussfassung zur Einführung der Onlineversammlung auf der Tagesordnung der Eigentümerversammlung steht. Hier bietet es sich an, neben bloßen Beschreibungen auch anschauliches Material, wie z.B. ein Video vorzuführen, damit ältere und technisch unversierte Eigentümer sich ein Bild machen können.

Zudem ist es hilfreich für Verwalter sich mit den Vor- und Nachteilen der hybriden Eigentümerversammlung im Gegensatz zu denen der reinen Onlineversammlung zu befassen. Dadurch können Sie den Eigentümern helfen das Potential der Onlineversammlung für ihre WEG-Gemeinschaft zu sehen und gegen die möglichen Nachteile aufzuwiegen. Verwalter sollten hier auch kurz die technischen und organisatorische Anforderungen ansprechen und auf die jeweiligen Besonderheiten bei der Beschlussfassung und Stimmrechtsausübung hinweisen.

Mehr dazu finden Sie hier: Vorteile und Nachteile von Online-Eigentümerversammlungen (Eigentümer und Verwalter)

II. Herausforderungen für ältere und technisch unversierte Eigentümer

Die Herausforderungen der neuen digitalen Medien und Technologien sind für ältere, mit der Digitalisierung eher unerfahrene Generationen oder allgemein technisch unversierte Eigentümer oftmals die Gleichen. Sie lassen sich grundsätzlich in zwei Kategorien einteilen: Rein praktische/ tatsächliche Herausforderungen und psychologische/gefühlte Herausforderungen:

1. Praktische Herausforderungen

Zunächst gibt es praktische Barrieren, die schon bei der Technik selbst anfangen:

  • Es fehlt an bereits an den technischen Geräten, wie Laptop, Computer, Mikrofon, Kamera oder einem schnellen Internetzugang.
  • Es sind Laptops oder PCs vorhanden, diese sind aber veraltet.
  • Die notwendige Software für die Videokonferenzschaltung ist nicht kompatibel oder kann nicht installiert werden, weil das Knowhow für Updates/Neuinstallation fehlt.
  • Die notwendigen technischen Geräte sind alle vorhanden, wurden aber noch nie genutzt — der Umgang mit der vorhandenen Technik ist Neuland und mit Unsicherheiten wegen Unkenntnis verbunden.
  • Es bestehen tatsächliche Hindernisse im Umgang mit der Videokonferenz-Software durch Verständnisschwierigkeiten oder körperliche Beeinträchtigungen wie z.B. Probleme mit der Einwahl, der Kameraeinstellung, dem Mikrofon, dem Audiogerät, der Bildschirmfreigabe etc.

2. Psychologische Herausforderungen

Weitere Barrieren bei der Onlineversammlung sind auf der psychologischen eher emotionalen Seite zu finden:

  • Gefühl der Überforderung, Angst vor Technikversagen oder sich zu blamieren: So spielt häufig eine gewisse Angst mit, sich und anderen einzugestehen, dass eine Unerfahrenheit mit neuen Medien und der Technik besteht.
  • Skepsis gegenüber digitalen Formaten: Gerade aus datenschutzrechtlichen Aspekten und oft mangelndem Verständnis wie Videokonferenzprogramme funktionieren und welche Protokolle zu beachten sind, haben viele technisch unerfahrene Eigentümer Bedenken gegenüber der Verwendung für die Eigentümerversammlung.
  • Gefühl des Ausgeschlossenseins: Zum Teil herrschen oft auch Bedenken, dass die Kommunikation via Audio und Video nicht richtig funktioniert, Mimik und Gestik verloren gehen und die eigene Meinung nicht gehört wird.
  • Letztlich haben viele Eigentümer auch oft nur einfach Bedenken bezüglich der organisatorischen Hürden, befürchten eine fehlende Unterstützung im Vorfeld und während der Versammlung

III. So können Verwalter bei Online-Eigentümerversammlungen helfen

Als Verwalter haben Sie je nach Größe der zu verwaltenden Wohnungseigentumsanlage und der Zahl der technisch unversierten oder älteren Eigentümer verschiedene Möglichkeiten die Online- Eigentümerversammlung als Alternative zur Präsenzversammlung attraktiv zu machen.

Die folgenden Praxis-Tipps helfen Verwaltern bei der Einführung der Online- Eigentümerversammlung:

1. Ausreichende Informationen bieten

Einer der wichtigsten Punkte ist es eine unzureichende Informationslage, unklare Anleitungen und das Gefühl des Ausgeschlossenseins bei den Eigentümern zu vermeiden. Dazu können Sie bereits bei der Vorbereitung zum Einführungsbeschluss der Online-Eigentümerversammlung eine frühzeitige und zielgruppengerechte Information für die älteren oder technisch unversierten Eigentümer zur Verfügung stellen. Nehmen Sie sich die extra Zeit für telefonische Vorabinformationen oder Erklärvideos per Post/Link. Klären Sie auf über die möglichen Unterstützungsangebote mit Schulungen oder Einführungskursen, über hybride Alternativen usw.

Ist der Einführungsbeschluss bereits gefasst und steht der erste Versammlungstermin fest, helfen besonders klare und einfach formulierte Einladungsschreiben mit Schritt-für-Schritt-Anleitungen. Auch hier sollte auf ggf. bestehende Vorbereitungsangebote und Supportmöglichkeiten hingewiesen werden.

2. Technische Unterstützung

Bieten Sie, wenn möglich eine technische Hilfestellung an oder verweisen Sie auf Drittanbieter, die helfen können. Die Einrichtung eines telefonischen Technik- Supports ist gerade für technisch unerfahrene Eigentümer sehr beruhigend. Bieten Sie auch unbedingt vor der ersten Versammlung einen Probedurchlauf an, damit Vertrauen in die Funktionsfähigkeit der neuen Videokonferenztechnik geschaffen werden kann.

Für Eigentümer, die sich keine Dienstleister leisten können, können vielleicht Mitglieder des Verwaltungsbeirats oder andere Hilfsbereite Eigentümer bei der Einrichtung der technischen Geräte.

Fehlt es an der technischen Ausrüstung können und wird ein Kauf aus Kostengründen abgelehnt können ggf. Leihgeräten für die betroffene Eigentümer zur Verfügung gestellt werden.

3. Hybride Angebote als Brücke

Gerade in solchen WEG-Gemeinschaften, in denen es ältere und technisch unversierte Eigentümer gibt, denen das Erlernen der neuen Technik nicht mehr zugemutet werden kann oder die es aus anderen Gründen einfach nicht mehr können oder wollen, empfiehlt es sich eine Präsenzoption zu ermöglichen. Das kann z.B. durch ein Streaming der Versammlung in Gemeinschaftsräumen erfolgen, in denen sich auch der Verwalter aufhält, o.ä. Alternativ kann bei einer reinen Onlineversammlung eine kleine Präsenzgruppe mit digitaler Zuschaltung organisiert werden — wichtig ist nur dass sich alle Versammlungsteilnehmer gegenseitig hören und sehen.

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4. Kooperation und Schulung

Viele Verwalter sind mit dem Problem nicht allein, dass sie Eigentümer an die neue Technik erst heranführen müssen. Gerade in größeren Städten oder Gemeinden kann hier eine Kooperation mit anderen Eigentumsverwaltungen oder Volkshochschulen usw. helfen. Es können spezialisierte Einführungsveranstaltungen für Online-Eigentümerversammlungen veranstaltet werden. Alternativ können Wohnungseigentumsverwalter selbst eine Art kleiner „Digitalsprechstunden“ in Zusammenarbeit mit Beiräten bilden.

IV. Fazit und Zusammenfassung

Digitale Neuerungen sind auch in der Wohnungseigentumsverwaltung angekommen und werden früher oder später nicht mehr weg zu denken sein. Eine solide barrierefreie Einführung in die Thematik der Onlineversammlung ist daher unerlässlich. Verwalter erfüllen eine wichtige Brückenfunktion für die Teilhabe aller Eigentümer. Verwalter sollten die individuellen Herausforderungen Ihrer Wohnungseigentümer in Bezug auf Online-Eigentümerversammlungen kennen, um Ihnen zielgerichtet Hilfestellung geben zu können. Mit durchdachten praktischen Maßnahmen lassen sich die Beteiligung und Akzeptanz erheblich steigern.

Mein Name ist Dennis Hundt. Seit 2009 schreibe ich hier Beiträge für Immobilien­eigentümer. Mit meinem Portal Hausver­walter-Vermittlung.de helfe ich Eigentümern bei der Suche nach einer neuen Haus­ver­waltung. Eigentümer können hier kostenfrei und unverbindlich Angebote von Hausverwaltungen aus Ihrer Nähe anfordern.

1 Gedanke zu „Online-Eigentümerversammlung: Wie umgehen mit älteren und technisch unversierten Eigentümern?“

  1. Ein weiterer Weg, die Hürden für ältere Eigentümer zu nehmen: Präsenzveranstaltungen mit digitaler Hilfe durchführen – also z.b. Eigentümer digital am eigenen Handy Anwesenheitsliste unterschreiben lassen, Tagesordnungspunkte am Handy anzeigen, am Handy über Beschlüsse und Umfragen abstimmen lassen. Alles optional natürlich. Da ist es dann beim nächsten Mal nicht mehr so weit hin zu einer virtuellen ETV. Auch die ältere Generation verwendet Internet heutzutage, dementsprechend ist der Umgang mit eMail und Passwort kein Hindernis mehr für diese Generation. Da geht’s eher um psychologische Hürden und Überwindung von Gewohnheiten zugunsten von mehr Flexibilität und Effizienz,

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