Beschlussmehrheiten wie etwa die einfache Mehrheit, die qualifizierte Mehrheit, die Dreiviertelmehrheit oder die Einstimmigkeit, spielen seit der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) nur noch in wenigen Eigentümergemeinschaften eine Rolle.  Seit der WEG-Reform, die am 01. Dezember 2020 in Kraft getreten ist, gilt das Mehrheitsprinzip für Beschlüsse der Wohnungseigentümer.

Nichtsdestotrotz gibt es bei einzelnen Beschlussthemen oder gewünschten Beschlussfolgen noch besondere Beschlussmehrheiten, die zu beachten sind. Welche das sind, zeigt der nachfolgenden Artikel in einer Tabelle zur Übersicht.

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I. Was heißt Mehrheitsbeschluss?

Der Begriff Mehrheitsbeschluss als solches wird im Wohnungseigentumsrecht oft missverstanden, denn er bedeutet nichts anderes als das die Mehrheit der anwesenden oder vertretenen Stimmen über die Beschlussthemen entscheidet. Ob die anwesenden Wohnungseigentümer bei der Beschlussfassung auch die Mehrheit der Wohnungseigentümer bilden, spielt keine Rolle.

1. Keine besonderen Anforderungen an Beschlussfähigkeit

Nach § 25 Abs. 1 WEG gilt nur noch das Mehrheitsprinzip: „Bei der Beschlussfassung entscheidet die Mehrheit der abgegebenen Stimmen.“ Auf die Zahl der anwesenden Wohnungseigentümer kommt es nicht (mehr) an. Es reicht also, wenn ein Wohnungseigentümer anwesend oder vertreten ist, um einen Mehrheitsbeschluss im Sinne des § 25 Abs. 1 WEG zu fassen.

Der frühere § 25 Abs. 3 WEG (alte Fassung), der eine bestimmte Anwesenheitszahl der Wohnungseigentümer voraussetzte, damit die Eigentümerversammlung beschlussfähig ist, wurde ersatzlos gestrichen.  Nach der Gesetzesbegründung soll eine Eigentümerversammlung immer beschlussfähig sein und damit die Notwendigkeit von Wiederholungsversammlungen entfallen (vgl. Ausführungen BT-Drucksache 19/18791, S. 73). Diese Reduzierung der Anforderungen an die Beschlussfassungen hatte das Ziel, dass die Beschlussfassung in der Eigentümergemeinschaft beschleunigt wird und sie damit in ihrer Handlungsfähigkeit gestärkt ist.

2. Abstimmung nach Mehrheitsprinzip

In der Praxis ist das Mehrheitsprinzip in der Eigentümerversammlung sehr einfach umzusetzen. Aufpassen sollten Wohnungseigentümer nur bei Beschlussfassungen, bei denen mehrere Optionen angeboten werden, denn es zählt nur die absolute Mehrheit bezogen auf die Zahl der abgegebenen Stimmen und nicht die relative Mehrheit.

Beispiel: In einer Eigentümerversammlung sind 20 Stimmen anwesend. Es geht um die Verwalterbestellung und es werden 3 Kandidaten A, B, C zur Auswahl gestellt.  Auf Kandidat A entfallen 6 Stimmen, auf Kandidat B 9 und auf Kandidat C 5.

Wer hat die Wahl gewonnen? Keiner denn der Verwalter muss feststellen, dass kein Kandidat mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gewählt wurde. Es müssten hier 51 % der Stimmen auf einen Kandidaten entfallen; d.h. hier mind. 11 Stimmen.

Wichtig ist hier noch anzumerken, dass Enthaltungen nicht als Nein- Stimmen zu werten sind und daher nicht als abgegebene Stimmer im Sinne von § 25 Abs. 1 WEG zählen.

Das bedeutet anhand des obigen Beispiels: Enthalten sich 3 Wohnungseigentümer komplett bei der Wahl und fallen auf Kandidat A 6 Stimmen, auf Kandidat B 9 und auf Kandidat C 2, dann gewinnt Kandidat B. Insgesamt gelten hier nur 17 Stimmen als abgegeben, weshalb 9 die absolute Mehrheit vertreten.

II. Welche Rolle spielen Stimmrechte beim Mehrheitsbeschluss?

Das oder die Stimmrechte des einzelnen Wohnungseigentümers sind bei der Beschlussfassung ausschlaggebend für das Ergebnis des Mehrheitsbeschlusses, denn die Zahl der abgegebenen Stimmen entscheidet.

Nach dem § 25 Abs. 2 WEG hat jeder Wohnungseigentümer eine Stimme. Steht ein Wohnungseigentum mehreren gemeinschaftlich zu, so können sie das Stimmrecht nur einheitlich ausüben.

Das Gesetz regelt hier also ein Stimmrecht nach dem Kopfprinzip. Den Wohnungseigentümern steht es allerdings frei die Stimmrechtsanteile anders zu verteilen, zum Beispiel nach Miteigentumsanteilen oder nach Objekten. Mehr dazu, wie sich die Stimmrechte im Einzelfall auswirken können lesen Sie hier: WEG mit 2 Parteien – Stimmrecht und Konfliktlösungen

‍III. Beschlussgegenstand und Beschlussmehrheiten: Tabelle

Für Beschlussfassungen in der Eigentümerversammlung nach § 23 Abs. 1 WEG gelten grundsätzlich folgende Beschlussmehrheiten:

BeschlussgegenstandErforderliche MehrheitRechtsgrundlage
Ordnungsgemäße Verwaltung, so z.B. Beschlüsse über

  • Aufstellung einer Hausordnung
  • Erhaltungs- und Instandhaltungsmaßnahmen
  • Versicherungen
  • Bildung einer Erhaltungsrücklage
  • Festsetzung von Vorschüssen nach § 28 Abs. 1 Satz WEG
Einfache Mehrheit§ 19 Abs. 1, Abs. 2 WEG iVm § 25 Abs. 1 WEG
Bestellung und Abberufung des Verwalters (oder zertifizierten Verwalters nach § 26 a WEG)Einfache Mehrheit§§ 26 Abs. 1, 26 a WEG iVm § 25 Abs. 1 WEG
Bauliche Veränderungen und ModernisierungsmaßnahmenEinfache Mehrheit§ 20 Abs. 1 WEG
Änderung der GemeinschaftsordnungEinstimmigkeit (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 01.02.2024, Az.: 1 W 378 402/23)§§ 10 ff. WEG iVm §§ 145 ff. BGB
Begründung von SondernutzungsrechtenKeine Beschlusskompetenz§§ 2,3 WEG nur vertragliche Einräumung
Entscheidung über Kostentragung bei baulichen MaßnahmenEinfache Mehrheit§ 21 Abs. 1 WEG iVm § 25 Abs. 1 WEG
Kostentragung einer baulichen Veränderung durch alle Wohnungseigentümer Qualifizierte 2/3 Mehrheit bei Beschlussfassung zur baulichen Veränderung nach § 20 Abs. 1 WEG§ 21 Abs. 2 Nr. 1 WEG iVm § 25 Abs. 1 WEG

IV. Besondere Beschlussmehrheit bei Umlaufbeschluss

Wollen Wohnungseigentümer Beschlüsse gemäß § 23 Abs. 3 WEG außerhalb einer Eigentümerversammlung nach § 23 Abs. 1 WEG fassen, geht das nur bei Einstimmigkeit. Beschlüsse, die im Umlaufbeschlussverfahren getroffen werden sollen, bedürfen der Zustimmung aller Wohnungseigentümer. Egal, welcher Art der Beschlussgegenstand ist. Bereits eine Enthaltung oder Nein-Stimme lässt die Beschlussfassung scheitern.

Die Wohnungseigentümer dürfen diese Voraussetzung für einzelne Beschlussthemen allerdings ändern nach § 23 Abs. 3 S. 2 WEG. Wie das geht und was es sonst noch beim Umlaufbeschlussverfahren zu beachten gibt, lesen Sie hier: Umlaufbeschluss nach WEG-Reform – Was muss ich wissen?

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V. Fazit und Zusammenfassung

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass es im WEG nur noch wenige Fälle gibt, in denen besondere Beschlussmehrheiten erforderlich sind. Umso wichtiger ist es, dass Wohnungseigentümer an den Eigentümerversammlungen teilnehmen, damit Sie an der Verwaltung der Eigentumsanlage aktiv beteiligt sind und nicht über ihre Köpfe hinweg entschieden wird. Die Beschlussfassung nach dem Mehrheitsprinzip ist nach dem WEG nahezu in allen Fragen der Ordnungsgemäßen Verwaltung des Wohnungseigentums ausreichend.

Mein Name ist Dennis Hundt. Seit 2009 schreibe ich hier Beiträge für Immobilien­eigentümer. Mit meinem Portal Hausver­walter-Vermittlung.de helfe ich Eigentümern bei der Suche nach einer neuen Haus­ver­waltung. Eigentümer können hier kostenfrei und unverbindlich Angebote von Hausverwaltungen aus Ihrer Nähe anfordern.

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