Jede Wohnungseigentümergemeinschaft ist anders, aber alle haben eines gemeinsam: Sie befinden sich inmitten der Zeit der Energiewende: Stromsparen durch Eigenproduktion mit Minisolaranlagen auf dem eigenen Balkon? Der Begriff „Balkonkraftwerk“ ist in aller Munde. Doch was steckt dahinter? Was ist ein Balkonkraftwerk? Kann jeder Wohnungseigentümer ein Balkonkraftwerk installieren? Welches Mitsprachrecht hat dabei die Wohnungseigentümergemeinschaft? Was sagt das Wohnungseigentumsgesetz – Gibt es einen Anspruch auf ein Balkonkraftwerk oder eine Minisolaranlage auf der Terrasse?

Der nachfolgende Beitrag beleuchtet diese Fragen und setzt sich mit der aktuellen rechtlichen Lage auseinander. Außerdem wird erklärt, inwieweit sich diese Rechtslage voraussichtlich in naher Zukunft ändert und inwieweit nicht.

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I. Was ist ein Balkonkraftwerk?

Ein sogenanntes Balkonkraftwerk ist nicht anderes, als eine Mini-Photovoltaikanlage, die an der Balkonbrüstung angebracht wird, um damit elektrischen Strom zu erzeugen. Es handelt sich dabei in der Regel um eine Steckersolaranlage, die direkt an das Stromnetz angeschlossen wird. Ein Balkonkraftwerk setzt sich im Regelfall aus einem oder zwei Photovoltaik-Modulen, einem netzgekoppelten Wechselrichter, einer Anschlussleitung und einem Netzstecker zusammen. Es wird auch als Steckersolargerät oder steckerfertige PV-Anlage bezeichnet.

Ein Eingriff in die Bausubstanz des Balkons ist regelmäßig nicht notwendig.  Die Solarpaneele selbst sind an der Balkonbrüstung befestigt.

II. Muss die Wohnungseigentümergemeinschaft einem Balkonkraftwerk zustimmen?

Nein: Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann die Installation eines Balkonkraftwerks ablehnen. Die Installation muss von der Wohnungseigentümergemeinschaft durch einen Eigentümerbeschluss genehmigt werden. Einen Anspruch auf die Zustimmung aller Wohnungseigentümer gibt es nicht. Die Ablehnung widerspricht auch nicht dem Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung (vgl. Amtsgericht (AG) Konstanz, Urteil vom 09.02.2023, Az.: 4 C 425/22 WEG).

Das folgt aktuell daraus, dass die Installation eines Balkonkraftwerkes, sowie jede andere Errichtung einer Photovoltaikanlage eine bauliche Veränderung gem. § 20 Abs. 1 WEG darstellt, die grundsätzlich der Zustimmung aller Wohnungseigentümer bedarf (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 03.07.2002, Az.: 16 Wx 93/02).  Das Argument, dass ein Balkonkraftwerk nur eingesteckt wird, ändert daran nichts. Nach der Rechtsprechung reicht es für die Annahme einer baulichen Veränderung, dass die Installation das äußere Erscheinungsbild der WEG-Anlage optisch dauerhaft ändert; ein Eingriff in die Bausubstanz der Wohnanlage ist nicht zwingend erforderlich (vgl. LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 06.11.2023, Az.: 2-13 S 54/23).

Zudem ist die Installation eines Balkonkraftwerkes nach der aktuellen Gesetzeslage und Rechtsprechung keine privilegierte bauliche Maßnahme nach § 20 Abs. 2 WEG wie z.B. die Installation einer Ladestation/Wallbox für Elektrofahrzeuge, für die ein Zustimmungsanspruch besteht. Diese Regelung kann auch nicht analog auf Minisolaranlagen oder ähnliches angewendet werden (vgl. dazu ausführlich Amtsgericht (AG) Konstanz, Urteil vom 09.02.2023, Az.: 4 C 425/22 WEG).

Wohnungseigentümer bedürfen daher vor der Installation eines Balkonkraftwerkes die Zustimmung der Wohnungseigentümer. Liegt kein entsprechender Beschluss vor und wird trotzdem ein Balkonkraftwerk angebracht, hat die WEG einen Beseitigungsanspruch nach §§ 20 Abs. 1 WEG, 1004 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und kann den Rückbau verlangen. Eine nachträgliche Genehmigung eines Balkonkraftwerkes ist im Einzelfall nur dann möglich, wenn der Wohnungseigentümergemeinschaft detaillierte Informationen zur Anlage, deren Absicherung und den notwendigen Zusatz-Versicherungen vorliegen (vgl. AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 12.07.2024, Az.: 980b C 37/23 WEG).

III. Wird es zukünftig einen Anspruch auf ein Balkonkraftwerk geben?

Ja, das ist sehr wahrscheinlich. Es ist eine Gesetzesänderung geplant, die im Rahmen des sogenannten „Solarpakets“ das WEG abändern soll. Die Installation von Steckersolaranlagen und damit auch Balkonkraftwerken soll in § 20 Abs. 2 WEG als privilegierte bauliche Maßnahme aufgenommen werden.  Wohnungseigentümer haben dann einen Anspruch auf die Zustimmung zu einem Balkonkraftwerk. Der neue Anspruch soll überdies im Mietrecht in § 554 Abs. 1 BGB ergänzt werden, der Mietern einen Gestattungsanspruch für bestimmte bauliche Maßnahmen gibt.

Das Solarpaket Gesetz gibt aber nicht nur zukünftig einen Anspruch auf Erlaubnis zur Installation eines Balkonkraftwerks, sondern erleichtert auch die Anmeldung und vereinfacht den Betrieb: es reicht ein einfache Registrierung bei der Bundesnetzagentur, digitale Stromzähler sind zukünftig nicht verpflichtend und die Stromeinspeisung soll über die Steckdose möglich sein.

Wie bei den anderen baulichen Veränderungen im Katalog der privilegierten Maßnahmen, verbleibt die Frage der Umsetzung allerdings bei der Wohnungseigentümergemeinschaft. Diese besitzt hier im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung einen Ermessensspielraum. Sie darf entscheiden, wie die tatsächliche Umsetzung der Installation von Balkonkraftwerken erfolgen soll. Wie bei Ladestationen und Wallboxen darf die Wohnungseigentümergemeinschaft auch hier im Beschlusswege Vorgaben dazu machen, wie wann, wo und welche Balkonkraftwerke installiert werden dürfen.  Die Kosten trägt derjenige Wohnungseigentümer, der die privilegierte Maßnahme nach § 20 Abs. 2 WEG wünscht. Lesen Sie dazu: Ladestation / Wallbox für E-Auto in Eigentümergemeinschaft.

Die Installation eines Balkonkraftwerks bedarf damit auch weiterhin einer Zustimmung der Wohnungseigentümergemeinschaft im Beschlusswege. Wird diese rechtsgrundlos verweigert, ist der Anspruch gerichtlich mit einer Anfechtungs- und Beschlussersetzungsklage weiter zu verfolgen. Erfolgt die Anbringung des Balkonkraftwerks ohne Zustimmung besteht auch nach der Gesetzesreform noch ein Rückbauanspruch der Wohnungseigentümergemeinschaft.

IV. Nutzen Balkonkraftwerke der Wohnungseigentümergemeinschaft?

Ja, Balkonkraftwerke können der Wohnungseigentümergemeinschaft durchaus von Nutzen sein: In den neuen Entwürfen zum Solarpaket-Gesetz ist so z.B. vorgesehen, dass der erzeugte Strom ohne Netzdurchleitung sofort verbraucht werden kann. Damit könnte eine gemeinschaftliche Gebäudestromversorgung durch die Wohnungseigentümer erfolgen, ohne dass der erzeugte Photovoltaikstrom erst in das allgemeine Stromnetz eingespeist werden muss.

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V. Fazit und Zusammenfassung

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Installation eines Balkonkraftwerkes immer der Zustimmung der Wohnungseigentümergemeinschaft bedarf. Eine Installation ohne Zustimmung führt zu einem Rückbauanspruch. Bis jetzt kann die Installation eines Balkonkraftwerkes noch mit dem Hinweis auf die optische Beeinträchtigung der äußerlichen Erscheinung der Wohnungseigentumsanlage abgelehnt werden. Sobald die Installation von Steckersolaranlagen allerdings als privilegierte bauliche Maßnahme verlangt werden darf, sollten Wohnungseigentümergemeinschaften überlegen, wie sie etwaige geltend gemachte Ansprüche in ihrer Eigentumsanlage am Besten umsetzen können. Eine grundsätzliche Ablehnung wird dann kaum mehr möglich sein.

Mein Name ist Dennis Hundt. Seit 2009 schreibe ich hier Beiträge für Immobilien­eigentümer. Mit meinem Portal Hausver­walter-Vermittlung.de helfe ich Eigentümern bei der Suche nach einer neuen Haus­ver­waltung. Eigentümer können hier kostenfrei und unverbindlich Angebote von Hausverwaltungen aus Ihrer Nähe anfordern.

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