WEG-Verwalter arbeiten nicht im rechtsfreien Raum. Wie im Vereinsrecht gibt es im Wohnungseigentumsrecht eine Art parlamentarische Kontrolle. Das Parlament ist in diesem Fall die Wohnungseigentümergemeinschaft. Der Verwalter muss für seine Tätigkeit im abgelaufenen Wirtschaftsjahr „entlastet“ werden. Entlastung bedeutet, dass er seine Aufgaben ordnungsgemäß erfüllt hat und die Wohnungseigentümergemeinschaft keinen Anlass hatte, Beanstandungen zu erheben.
Die Entlastung hat für beide Parteien – Verwalter und Wohnungseigentümer – erhebliche Bedeutung. Die Entlastung dient der Rechtssicherheit und bildet die Grundlage für das Verwalterhandeln.


Inhalt: Entlastung des WEG-Verwalters
1. Sinn der Entlastung
2. Musterformulierung

a. eines Entlastungsantrags

b. eines Entlastungsbeschlusses

3. Ablauf der Entlastung
4. Stimmberechtigung
5. Rechtsanspruch auf Entlastung?
6. Rechtlicher Hintergrund der Entlastung
7. Reichweite eines Entlastungsbeschlusses
8. Haftung für Fehlverhalten
9. Entlastung in Zusammenhang mit der Jahresabrechnung
10. Entlastung unter Vorbehalt oder unter Beschränkung
11. Auf wessen Kenntnisstand kommt es an?
12. Fazit


1. Sinn der Entlastung

Die Entlastung des WEG-Verwalters muss in einer Wohnungseigentümerversammlung formell beschlossen werden. Dazu muss bereits in der Tagesordnung zur Einladung zur Wohnungseigentümerversammlung darauf hingewiesen werden, dass über die Entlastung des Verwalters beschlossen werden soll. Die Entlastung erfordert die ausdrückliche Beschlussfassung der Wohnungseigentümer.
Mit der Beschlussfassung über die Entlastung bestätigt die Wohnungseigentümergemeinschaft, dass der Verwalter ordentlich gearbeitet hat und ihm zugleich für das künftige Wirtschaftsjahr das Vertrauen ausgesprochen wird.

2. Musterformulierung

a. eines Entlastungsantrags:

… Tagesordnungspunkt x: Beschlussfassung: „Entlastung des Verwalters für das Abrechnungsjahr 2013“ …

b. eines Entlastungsbeschlusses:

… Dem Verwalter wird für das Abrechnungsjahr 2013 (ergänzend: insgesamt; in Bezug auf die Jahresabrechnung 2013; sonstiger Vorbehalt, Einschränkung) Entlastung erteilt.“ …

3. Ablauf der Entlastung

Die Beschlussfassung verläuft so, wie jede andere Beschlussfassung auch. Die Eigentümer entscheiden gemäß § 25 WEG durch Mehrheitsbeschluss. Jeder Eigentümer hat eine Stimme. Die Versammlung ist beschlussfähig, wenn die erschienenen stimmberechtigten Wohnungseigentümer mehr als der Hälfte der Miteigentumsanteile vertreten.

4. Stimmberechtigung

Der Verwalter ist selbst nicht abstimmungsberechtigt (Interessenkonflikt). Auch dann nicht, wenn er zugleich als Eigentümer beteiligt ist (BayObLG NJW-RR 1987, 596). Gleiches gilt, wenn er als Bevollmächtigter eines anderen Wohnungseigentümers handelt (OLG Köln 2007, 716). Auch dann besteht das Risiko, dass er nicht die Interessen dieses Eigentümers, sondern die eigenen Interessen als Verwalter vorrangig beurteilt.
Auch ein Dritter darf nicht abstimmen, wenn er mit dem Verwalter wirtschaftlich so eng verflochten ist, dass beide als Einheit einzusehen sind (LG Frankfurt NJW-RR 1988, 596). Dazu genügt es nicht, wenn ein Eigentümer bei ihm angestellt oder Hilfskraft des Verwalters ist (LG Frankfurt NJW-RR 1988, 596).
Eine Ausnahme soll dann gelten, wenn er einen anderen Wohnungseigentümer bevollmächtigt, ohne ihm konkret Weisungen zum Stimmverhalten vorzugeben und der Bevollmächtigte eigenverantwortlich entscheiden kann (OLG Zweibrücken NZM 1998, 671).
Wurde der Verwalter entlastet, kann die Entlastung nicht durch einen Zweitbeschluss widerrufen werden. Wurde ein Wohnungseigentümer getäuscht, kann er den Beschluss mit der Anfechtungsklage in Monatsfrist anfechten. Voraussetzung ist, dass seine Stimme entscheidungserheblich war.

5. Rechtsanspruch auf Entlastung?

Der Verwalter selbst hat keinen unmittelbaren rechtlichen Anspruch auf Entlastung (OLG Düsseldorf NJW-RR 1997, 525). Deshalb kann der Verwalter bei der Verweigerung der Entlastung sein Amt auch nicht aus wichtigem Grund niederlegen.
Allerdings kann der Verwalter Feststellungsklage erheben und feststellen lassen, dass gegen ihn keine Ansprüche bestehen. Da eine Feststellungsklage immer ein „Feststellungsinteresse“ (soll willkürliche Klagen vermeiden) erfordert, ist eine begründete Kritik zumindest eines einzelnen Wohnungseigentümers Voraussetzung für die Feststellungsklage (OLG Düsseldorf NJW-RR 1997, 525).
Der Anspruch auf Entlastung kann sich allerdings aufgrund einer ausdrücklichen Bestimmung in der Teilungserklärung oder aus dem Verwaltervertrag ergeben.

6. Rechtlicher Hintergrund der Entlastung

Wird der Verwalter entlastet, beinhaltet der Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft ein „negatives Schuldanerkenntnis“ (§ 397 II BGB). In der Konsequenz führt die Entlastung dazu, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft gegen den Verwalter allgemein keine Ansprüche mehr wegen einer nicht ordnungsgemäßen Verwaltung erheben kann (OLG München ZMR 2007, 1095).
Wird dem Verwalter wegen eines Fehlverhaltens dennoch Entlastung erteilt, kann dieser Umstand nicht mehr als wichtiger Grund für eine Abberufung geltend gemacht werden.
Die Gemeinschaft kann auch keine Auskunft über Geschäfte verlangen, auf die sich die Entlastung bezieht (OLG Düsseldorf NJW-RR 2001, 95). Ungeachtet dessen verbleibt jedem Wohnungseigentümer das Recht auf Einsicht in die Verwaltungsunterlagen.
In der Rechtsprechung wird bei der Bewertung des Verwalterhandelns nicht danach unterschieden, ob es sich um einen „Hobbyverwalter“ oder einen professionellen Verwalter handelt (AG Saarbrücken ZMR 2008, 927). Die Anforderungen an die Amtsführung sind im Wesentlichen die gleichen.

7. Reichweite eines Entlastungsbeschlusses

Der Verwalter kann für seine Verwaltungstätigkeit insgesamt entlastet werden. Voraussetzung ist, dass die Beschlussfassung inhaltlich klar gefasst wird („ Der Verwalter wird für seine gesamte Tätigkeit Entlastung erteilt“).
Ist der Wortlaut unklar formuliert, kommt es auf den Zusammenhang an, so dass die Reichweite der Entlastung durch Auslegung festzustellen ist.
Ein Entlastungsbeschlusses erfasst auch Individualansprüche eines Wohnungseigentümers, sofern sie auf einem Fehler bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums beruhen (Beispiel: Anwendung eines falschen Verteilungsschlüssels). Insoweit ist die Eigentümerversammlung auch hinsichtlich individueller Schadensersatzansprüche eines einzelnen Wohnungseigentümers entscheidungskompetent. Diese Beschlusskompetenz findet zwar im Gesetz keine Grundlage, ist aber höchstrichterlich abgesegnet (BGH NJW 2003, 3127).

8. Haftung für Fehlverhalten

Im Normalfall hält sich der Verwalter an die Vereinbarungen im Verwaltervertrag. Ist er beispielsweise nur berechtigt, vertragliche Verpflichtungen bis zur Größenordnung von 5.000 € einzugehen, haftet er, wenn er beispielsweise eine Handwerkerfirma mit einem Auftragsvolumen von 10.000 € beauftragt und der Gemeinschaft dadurch ein Schaden entsteht. Gleiches gilt, wenn er für erkennbar mangelhafte Werkleistungen vorbehaltslos Zahlungen leistet, Mängel nicht beanstandet und dadurch Gewährleistungsansprüche gegen den Handwerker ausgeschlossen sind. Eine Entlastung kann somit nicht gewährt werden.
Eine Entlastung scheitert auch bei Ansprüchen aufgrund eines strafbaren Verhaltens des Verwalters (OLG Celle NJW-RR 1991, 981: Fälschung von Belegen). Eine strafgerichtliche Verurteilung ist nicht notwendig. Die Schuldfrage kann insoweit zivilrechtlich im Haftungsprozess geklärt werden (OLG Celle NJW-RR 1991, 980). Aber auch diese Ansprüche sind ausgeschlossen, soweit sie den Wohnungseigentümern bekannt waren oder bei sorgfältiger Prüfung hätten bekannt sein müssen (BGH NJW 2003, 3124).
War zum Zeitpunkt der Beschlussfassung erkennbar, dass Ansprüche gegen den Verwalter in Betracht kommen, widerspricht es dem Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn die Eigentümerversammlung dennoch die Entlastung beschließt (BGH NZM 2003, 951).

9. Entlastung in Zusammenhang mit der Jahresabrechnung

Die Entlastung erfolgt regelmäßig in Zusammenhang mit der Genehmigung der Jahresabrechnung für das abgelaufene Wirtschaftsjahr. Die Jahresabrechnung dokumentiert, wie der Verwalter gearbeitet hat. Ergeben sich aus der Jahresabrechnung keine Beanstandungen, ist davon auszugehen, dass die Tätigkeit des Verwalters ordnungsgemäß verlaufen ist.
Wird der Verwalter im Zusammenhang mit der Jahresabrechnung entlastet, hat die Wohnungseigentümergemeinschaft keine Möglichkeit mehr, inhaltliche Aspekte der Jahresabrechnung zu beanstanden. Sie kann eventuelle Mängel auch nicht mehr zum Gegenstand einer Abberufung machen.
Andere Beanstandungen (z.B. nicht nachvollziehbarer Verzicht auf Mängelrüge gegenüber Bauunternehmer) finden hingegen in der Jahresrechnung nicht ihren Niederschlag, so dass insoweit die Entlastung sich nicht auf solche Umstände beziehen kann. Solche Umstände werden im Rahmen der Entlastung zusammen mit der Jahresabrechnung nicht erfasst.
Eine Ausnahme kann sich auch dann ergeben, wenn die Jahresabrechnung unerkannte, inhaltliche Fehler aufweist. Dann widerspricht die Beschlussfassung gleichfalls ordnungsgemäßer Verwaltung (BGH NZM 2003, 951).
In diesem Fall muss ein Wohnungseigentümer die Beschlussfassung jedoch anfechten und durch eine Anfechtungsklage zu Fall bringen. Wird nicht angefochten, werden der Beschluss und damit die Entlastung des Verwalters bestandskräftig. Dann ist kein Eigentümer mehr berechtigt, vom Verwalter eine Neuberechnung oder Korrektur der Jahresabrechnung einzufordern.
Ansonsten beschränkt sich die Entlastung auf Umstände, die in der Abrechnung ihren Niederschlag gefunden haben. Ergeben sich im Nachhinein Umstände, die in der Abrechnung nicht berücksichtigt waren, kann der Verwalter bei fehlerhaftem Verwalterhandeln nach wie vor in Anspruch genommen werden. Der Verwalter wird also nur insoweit entlastet, als sein Handeln bei der Beschlussfassung bekannt oder bei zumutbarer Sorgfalt erkennbar gewesen wäre.

10. Entlastung unter Vorbehalt oder unter Beschränkung

Ist die Jahresabrechnung rechnerisch einwandfrei, enthält sie aber unrechtmäßig getätigte Ausgaben, die als solche nicht erkennbar sind, bleibt dem Verwalter die Entlastung verwehrt (OLG München ZMR 2007, 989). Insoweit kann es im Zweifelsfall angebracht sein, in der Beschlussfassung über die Entlastung einen entsprechenden Vorbehalt einzufügen. Gleichfalls kann die Entlastung auf bestimmte Tätigkeiten beschränkt werden (LG Berlin ZMR 2009, 393).

11. Auf wessen Kenntnisstand kommt es an?

Der Verwalter wird insoweit entlastet, als ein potenzielles Haftungsrisiko den Wohnungseigentümer bekannt war. Die Kenntnis des Verwaltungsbeirates wird der Gemeinschaft zugerechnet (OLG Düsseldorf NJW-RR 2001 950).
Maßgebend ist der Kenntnisstand aller Wohnungseigentümer (BayObLG NZM 2003, 31). Kennt nur ein einzelner Wohnungseigentümer einen Haftungstatbestand, wird dessen Kenntnis nicht der Gemeinschaft zugerechnet (BayObLG NZM 2001, 389). Sie kann den Verwalter weiterhin beanspruchen.
Kenntnis besteht auch insoweit, als die Gemeinschaft bei sorgfältiger Prüfung einen Haftungstatbestand hätte erkennen können oder erkennen müssen (BayObLG ZMR 2001, 208; KG Berlin ZMR 2008, 70).

12. Fazit

Die Zusammenarbeit von WEG-Verwaltung und Eigentümergemeinschaft ist und sollte von gegenseitigem Vertrauen geprägt sein. Ist dies nicht der Fall, sind Konflikte oft vorprogrammiert. Im Idealfall kommunizieren beide Seiten regelmäßig und konstruktiv miteinander. Im gegenseitigen Gespräch lassen sich Probleme oft bereinigen.
Jeder Eigentümer muss berücksichtigen, dass die Verwaltertätigkeit eine teils rechtlich und sachlich höchst komplexe Aufgabe ist und gewisse Fehler in der Natur der Sache liegen. Werden Fehler festgestellt, sollte dem Verwalter Gelegenheit zur Nachbesserung gegeben werden. Wer sofort mit rechtlichen Konsequenzen droht, wird oft den eigenen Interessen nicht gerecht.

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Mein Name ist Dennis Hundt. Seit 2009 schreibe ich hier Beiträge für Immobilien­eigentümer. Mit meinem Portal Hausver­walter-Vermittlung.de helfe ich Eigentümern bei der Suche nach einer neuen Haus­ver­waltung. Eigentümer können hier kostenfrei und unverbindlich Angebote von Hausverwaltungen aus Ihrer Nähe anfordern.

1 Gedanke zu „Entlastung des WEG-Verwalters – Sinn und Ablauf der Entlastung“

  1. Hausverwalter in Radolfzell kündigt Versicherungsverträge und schließt neue Verträge ab, ohne die WEG davon zu informieren und ohne Beschlußfassung durch die WEG.
    Hausverwalter setzt sich über Bestimmungen im Verwaltervertrag hinweg z.B. „Der Verwalter betreut und überwacht die Leistungen der Vertragspartner der WEG und schließt insbesondere NACH MAßGABE der BESCHLÜSSE, der Gemeinschaftsordnung und der Gesetze die notwendigen Versicherungen für die WEG ……..“
    Er sanierte all seine maroden Gebäude auch mit den Gebäudeversicherungen von Neubauten, die
    bisher schadensfrei waren. Selbsverständlich für ihn ist, dass er nicht im Traum daran denkt mehrere Angebote einzuholen. Er hat gute Freunde, die er immer wieder beauftragt, egal wie mies sie arbeiten.
    Hausverwalter in Radolfzell vermeidet Beschlussanfechtungen, etc. indem er das Protokoll erst nach vier Wochen absendet.
    Der Beiratsvorsitzende ist Handlanger des Verwalters. Gefasste Beschlüsse werden erst durch Androhung von Klage durch geführt.

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