„Mitgefangen, Mitgehangen“: In einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG-Gemeinschaft) hat man diesen Spruch bestimmt schon einmal gehört, wenn es um die Frage der gemeinsamen Haftung geht. Doch, stimmt das wirklich? Haften die Miteigentümer gesamtschuldnerisch für die Schulden der WEG-Gemeinschaft? Das Wohnungseigentumsgesetz bestätigt das so jedenfalls nicht. Und doch gibt es in der Praxis Fälle, bei denen Miteigentümer als Gesamtschuldner haften und zum Teil allein für die Schulden der Gemeinschaft einstehen müssen.

Der nachfolgende Artikel erklärt, wie Miteigentümer haften und wann tatsächlich eine Haftung als Gesamtschuldner in Betracht kommt.

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I. Was ist die Haftung als Gesamtschuldner?

Die Haftung als Gesamtschuldner ist in § 421 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geregelt: Danach sind Gesamtschuldner mehrere Personen, die eine Leistung gemeinsam schulden, und zwar so, dass jeder zur ganzen Leistung verpflichtet ist.

Der Gläubiger kann die Leistung insgesamt nur einmal fordern. Er ist aber berechtigt, auszuwählen, von welchem der Gesamtschuldner er die Leistung einfordert — ganz nach seinem Belieben, kann er entweder die ganze Leistung von einem oder Teilleistungen verlangen.

Unterstellt man bei der WEG-Gemeinschaft eine solche gesamtschuldnerische Haftung der Miteigentümer, würde das bedeuten, dass z.B. jeder Miteigentümer von einem durch die WEG-Gemeinschaft beauftragten Handwerker zur Zahlung seiner Rechnung aufgefordert werden kann. Ein Handwerker oder auch ein Bauunternehmen, das große Sanierungen vorgenommen hat, könnte demnach von jedem Miteigentümer die Begleichung der vollständigen Rechnung verlangen. Die Folge wäre ein unkalkulierbar großes Haftungsrisiko für Miteigentümer einer Wohnungseigentümergemeinschaft.

Das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) regelt daher keine gesamtschuldnerische Haftung für Miteigentümer.

II. Miteigentümer haften nicht als Gesamtschuldner

Die rechtlichen Grundlagen zur Haftung der Miteigentümer finden sich im ersten Teil des WEG. Besonders relevant ist dabei § 9 a Abs. 4 WEG: Danach haften die Wohnungseigentümer für Verbindlichkeiten der Gemeinschaft nur mit ihrem Miteigentumsanteil. Damit ist eine Haftung der Miteigentümer als Gesamtschuldner grundsätzlich ausgeschlossen und die persönliche Haftung der einzelnen Miteigentümer auf ihren Eigentumsanteil begrenzt.

In § 9 a Abs. 4 S. 1 WEG steht: „Jeder Wohnungseigentümer haftet einem Gläubiger nach dem Verhältnis seines Miteigentumsanteils (§ 16 Absatz 1 Satz 2 WEG) für Verbindlichkeiten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, die während seiner Zugehörigkeit entstanden oder während dieses Zeitraums fällig geworden sind; für die Haftung nach Veräußerung des Wohnungseigentums ist § 728b des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anzuwenden.“

Nur im Falle der Nachhaftung nach Veräußerung des Eigentumsanteils haften Erwerber und Veräußerer für 5 Jahre als Gesamtschuldner für Altverbindlichkeiten (§ 9 a Abs. 4 S. 1 letzter Halbsatz WEG in Verbindung mit § 728 b BGB). Mit Altverbindlichkeiten sind die Schulden gemeint, die vor Verkauf des Wohnungseigentums fällig geworden sind. Aber auch diese gesamtschuldnerische Haftung des Veräußerers und Erwerbers von Wohnungseigentum ist insgesamt auf den Eigentumsanteil begrenzt.

III. Sonderfall: Haftung der Miteigentümer als Gesamtschuldner im öffentlichen Recht

Zu jeder Regel gibt es allerdings auch mindestens eine Ausnahme. So auch hier: Es gibt einen Sonderfall der gesamtschuldnerischen Haftung für Miteigentümer im öffentlichen Recht. Denn im öffentlichen Recht bestehen teilweise landesrechtliche Vorschriften, die eine Haftung der Miteigentümer als Gesamtschuldner für öffentlich-rechtliche Lasten und -Kosten vorsehen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) ist diese öffentlich-rechtliche Regelung der gesamtschuldnerischen Haftung für Miteigentümer trotz der Regelung der Haftungsbegrenzung im WEG zulässig: Danach greift die in § 9 a Abs.4 WEG normierte Haftungsbegrenzung nicht, wenn im Landesrecht eine Gesamtschuld der Wohnungseigentümer in ihrer Eigenschaft als Miteigentümer des Grundstücks gesetzlich vorgesehen ist (vgl. BGH, Urteil vom 18.06.2009, Az.: VII ZR 196/08; BGH, Urteil vom 14.02.2014, AZ.: V ZR 100/13).

Das bedeutet vereinfacht gesagt, dass die Wohnungseigentümer immer dann als Gesamtschuldner haften, wenn es für bestimmte Verpflichtungen eine gesetzliche Haftungsregelung gibt. Umgesetzt wurde das z.B. in verschiedenen Bundesländern im Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz oder im Bereich der Kommunalabgaben. Auch örtliche Satzungen können demnach eine gesamtschuldnerische Haftung der Wohnungseigentümer begründen.

So haften Miteigentümer unbegrenzt als Gesamtschuldner z.B. für öffentliche Abgaben wie

Abfall- und Müllentsorgung (vgl. BGH, Urteil vom 18.06.2009, Az.: VII ZR 196/08), Abwassergebühren als Kommunalabgaben (Verwaltungsgericht (VG) Gera, Urteil vom 14.11.2019, Az.: 2 K 2248/18) und Kanalbenutzungsgebühren (vgl. Oberverwaltungsgericht (OVG) Bremen, 23.11.2018, Az.: 2 B 194/18). Auch für den zu zahlenden Herstellungsbeitrag für eine, von der Gemeinde beschlossene, öffentliche Schmutzwasser- und Abwasserentsorgungsanlage (vgl. BGH, Urteil vom 14.02.2014, Az.: V ZR 100/13) haften Miteigentümer der WEG-Gemeinschaft als Gesamtschuldner. Nach einem Urteil in Karlsruhe gilt die gesamtschuldnerische Haftung der Miteigentümer auch für Niederschlagswassergebühren (vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 30.1.2014, Az.: 2 K 2233/13).

Wichtig ist die Abgrenzung dieses Sonderfalls zu privatrechtlichen Ansprüchen: Bei privaten Versorgungsunternehmen (wie z.B. für Wasser und Strom) greift regelmäßig § 9a Abs. 4 WEG, der eine gesamtschuldnerische Haftung ausschließt. Das bedeutet: Will also ein privates Versorgungsunternehmen die Wohnungseigentümer als Gesamtschuldner in Anspruch nehmen, muss dafür ausdrücklich vertraglich eine persönliche akzessorische gesamtschuldnerische Haftung der einzelnen Wohnungseigentümer neben der Haftung der WEG-Gemeinschaft begründet werden (BGH, Urteil vom 20.01.2010, Az.: VIII ZR 329/08). Eine Bezugnahme auf landesrechtliche Vorschriften ist hier nicht möglich, da diese Vorschriften nur für öffentlich-rechtliche Abgaben gelten und nicht für privatrechtliche.

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IV. Fazit und Zusammenfassung

Insgesamt lässt sich festhalten, dass Miteigentümer im Regelfall nicht als Gesamtschuldner haften und für ihre Nachbarn der WEG-Gemeinschaft einstehen müssen. Jeder haftet nach seinem Eigentumsanteil für gemeinsame Verbindlichkeiten der WEG-Gemeinschaft. Eine Ausnahme besteht nur bei öffentlich-rechtlichen Forderungen — zum Beispiel der Gemeinde oder der Stadt —, wenn das Landesrecht eine gesamtschuldnerische Haftung bei einer Mehrheit der Schuldner, wie zum Beispiel einer WEG-Gemeinschaft vorsieht.

Mein Name ist Dennis Hundt. Seit 2009 schreibe ich hier Beiträge für Immobilien­eigentümer. Mit meinem Portal Hausver­walter-Vermittlung.de helfe ich Eigentümern bei der Suche nach einer neuen Haus­ver­waltung. Eigentümer können hier kostenfrei und unverbindlich Angebote von Hausverwaltungen aus Ihrer Nähe anfordern.

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