Eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG-Gemeinschaft) regelt ihre Angelegenheiten hauptsächlich durch Beschlussfassung auf der Eigentümerversammlung. Doch was ist, wenn kaum ein Eigentümer auf der Eigentümerversammlung erscheint oder sich dort vertreten lässt? Wie viele Eigentümer müssen bei der Eigentümerversammlung anwesend sein, damit die Eigentümergemeinschaft beschlussfähig ist? Die Antworten auf diese Fragen haben sich seit der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG), die am 1. Dezember 2020 in Kraft getreten ist, grundlegend geändert.

Der nachfolgende Beitrag erklärt, was der Begriff „Beschlussfähigkeit“ bei der WEG-Gemeinschaft bedeutet und wann eine Eigentümergemeinschaft nach neuem WEG-Recht beschlussfähig ist.

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I. Was ist die Beschlussfähigkeit einer WEG-Gemeinschaft?

Die Beschlussfähigkeit einer WEG-Gemeinschaft meint nichts anderes als die Fähigkeit der Eigentümergemeinschaft, Entscheidungen in Beschlussform zu treffen. Die Beschlussfähigkeit erfordert in manchen Fällen, dass eine bestimmte Anzahl von stimmberechtigten Mitgliedern an der Versammlung bzw. Beschlussfassung teilnimmt. Fehlt die Beschlussfähigkeit, kann kein wirksamer Beschluss gefasst werden; dennoch gefasste Beschlüsse sind formfehlerhaft und anfechtbar.

Ob und welche Mindestanzahlen es für teilnehmende Mitglieder gibt, folgt regelmäßig aus dem Gesetz oder aus rechtlichen Vereinbarungen.

Bei der WEG-Gemeinschaft stellt sich daher die Frage, ob eine gewisse Anzahl von Eigentümern der Eigentümergemeinschaft an der Eigentümerversammlung teilnehmen muss, damit diese beschlussfähig ist. Die Beantwortung kann im Einzelfall nur durch einen Blick in das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) und die Teilungserklärung der Eigentümergemeinschaft erfolgen.

II. Wann war die WEG nach altem WEG beschlussfähig?

Vor der WEG-Reform 2020 war die Beschlussfähigkeit in § 25 Abs. 3 WEG geregelt. Dieser bestimmte, dass eine Eigentümergemeinschaft nur beschlussfähig sein konnte, wenn mehr als die Hälfte aller stimmberechtigten Eigentümer anwesend oder vertreten war. Daneben gab es bezüglich einzelner Beschlussthemen spezielle Beschlussfähigkeits-Quoren, wie z.B. in § 22 WEG alter Fassung, der für Beschlüsse zu baulichen Veränderungen und den dazugehörigen Aufwendungen Allstimmigkeit erforderte. Bei Modernisierungen sollten Beschlüsse durch eine Mehrheit von drei Vierteln aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer und mehr als der Hälfte aller Miteigentumsanteile gefasst werden können.

Damit auf einer Eigentümerversammlung Beschlüsse getroffen werden konnten, musste der Verwalter zu Beginn jeder Versammlung die Beschlussfähigkeit feststellen.

War diese Voraussetzung nicht erfüllt, gab es die Möglichkeit, die Eigentümerversammlung zu vertagen und eine neue sogenannte Wiederholungsversammlung einzuberufen. Die Wiederholungsversammlung war dann unabhängig von der Zahl der erschienenen oder vertretenen Eigentümer beschlussfähig. In der Einladung zur neuen Wiederholungsversammlung musste der Verwalter ausdrücklich auf diese Besonderheit hinweisen.

In der Praxis führte diese Regelung oft zu Problemen. Es kam häufig zu Wiederholungsversammlungen der Eigentümergemeinschaft, da viele Eigentümer nicht an den Erstversammlungen teilnahmen oder keine Vollmachten erteilten. Dadurch entstanden unnötige Verzögerungen von Beschlüssen und Zusatzkosten für die Durchführung von Wiederholungsversammlungen. Zudem gab es häufig Anfechtungen wegen Beschlussunfähigkeit. Der Gesetzgeber hat daher die Mindestanforderungen an die Beschlussfähigkeit einer Eigentümergemeinschaft abgeschafft und den bisherigen § 25 Abs. 3 WEG sowie die Regelungen zu Spezial-Quoren in § 22 WEG alter Fassung ersatzlos gestrichen (vgl. Ausführungen BT-Drucksache 19/18791, S. 73).

III. Wann ist die Eigentümergemeinschaft nach neuem WEG beschlussfähig?

Der neue § 25 des WEG bildet jetzt die gesetzliche Grundlage der Beschlussfassung ab. Es gibt keine Mindestanzahl an vertretenen Miteigentumsanteilen mehr: Nach dem neuen § 25 Abs. 1 WEG gilt bei der Beschlussfassung der Eigentümergemeinschaft grundsätzlich der Mehrheitsentscheid.

Das bedeutet, die Versammlungen der Eigentümergemeinschaft sind immer beschlussfähig, sobald ein stimmberechtigter Wohnungseigentümer oder ein entsprechend bevollmächtigter Vertreter anwesend ist. Alle Problematiken von Wiederholungsversammlungen, die vorher bei Beschlussunfähigkeit nötig waren, entfallen damit. Nun entscheidet allein die Mehrheit der abgegebenen Stimmen, unabhängig davon, wie viele stimmberechtigte Eigentümer anwesend sind. Das heißt, selbst wenn nur der Verwalter anwesend ist und mindestens eine Vollmacht eines Wohnungseigentümers besitzt, können Beschlüsse gefasst werden, die alle Wohnungseigentümer binden.

Die WEG-Reform hat durch die Abschaffung der Beschlussunfähigkeit die Eigentümergemeinschaft handlungsfähiger gemacht, da Beschlüsse schneller gefasst werden können. Umso wichtiger ist nun die ordnungsgemäße Einladung der Eigentümer mit Informationen über Tagesordnungspunkte und die beabsichtigten Beschlussfassungen. Eigentümer sollten sich ausreichend informieren und ihre Entscheidung zur Teilnahme an der Eigentümerversammlung verantwortungsvoll treffen. Damit die eigene Meinung bei Beschlussthemen berücksichtigt wird, ist es ratsam, bei Nichtteilnahme zumindest eine Vollmacht zu erteilen und sich vertreten zu lassen.

Änderungen durch die WEG-Reform 2020 auf einen Blick:

  • Abschaffung der Mindestanzahl: Eine Eigentümerversammlung ist nun immer beschlussfähig, sobald mindestens ein stimmberechtigter Eigentümer oder Vertreter anwesend ist.
  • Keine Wiederholungsversammlungen: Wiederholungsversammlungen aufgrund von Beschlussunfähigkeit entfallen.
  • Mehr Handlungsfähigkeit: Entscheidungen können schneller getroffen werden.
  • Eigenverantwortung der Eigentümer: Aktive Teilnahme oder rechtzeitige Vollmachten werden wichtiger denn je.

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IV. Darf die Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung die Beschlussfähigkeit der WEG bestimmen?

Ja. Die Teilungserklärung oder die Gemeinschaftsordnung kann Regelungen enthalten, die bestimmen, wann die Eigentümergemeinschaft auf einer Eigentümerversammlung beschlussfähig ist.

Der neue § 25 WEG ist abdingbar, das heißt, die Eigentümergemeinschaft kann eine von der gesetzlichen Regelung abweichende Regelung treffen. Damit kann sich aus der Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung eine strengere Beschlussfähigkeitsregelung ergeben.

Wichtig ist, dass diese abweichenden Regelungen nur dann Vorrang haben, wenn sie nach der WEG-Reform 2020 getroffen wurden oder erkennbar auch bei Gesetzesänderung Bestand haben sollen.

V. Zusammenfassung

Seit der WEG-Reform ist die Eigentümergemeinschaft grundsätzlich immer beschlussfähig, sobald mindestens ein stimmberechtigter Eigentümer anwesend oder vertreten ist. Abweichende Regelungen in der Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung sind nur dann verbindlich, wenn es sich um Neuvereinbarungen handelt oder wenn ein anderer Wille erkennbar ist.

Mein Name ist Dennis Hundt. Seit 2009 schreibe ich hier Beiträge für Immobilien­eigentümer. Mit meinem Portal Hausver­walter-Vermittlung.de helfe ich Eigentümern bei der Suche nach einer neuen Haus­ver­waltung. Eigentümer können hier kostenfrei und unverbindlich Angebote von Hausverwaltungen aus Ihrer Nähe anfordern.

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