Die Wohnungseigentümer sind gemeinschaftlich für die ordnungsgemäße Verwaltung des Wohnungseigentums zuständig. Dazu wird mindestens einmal jährlich eine Eigentümerversammlung einberufen, auf der die Eigentümer alle wesentlichen Entscheidungen über die Verwaltung und Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums treffen.  In der Praxis finden sich auf den Eigentümerversammlungen aber oft nicht nur Eigentümer, sondern auch Ehefrauen, Kinder oder Rechtsbeistände der Eigentümer. Manchmal sind auch Dritte, wie z.B. Handwerker, Sachverständige oder Freunde bei der Eigentümerversammlung mit anwesend. Ist das zulässig? Darf jeder bei einer Eigentümerversammlung anwesend sein, oder gibt es Grenzen?

Der nachfolgende Beitrag erklärt für Wohnungseigentümer, Nicht-Eigentümer und Verwalter, wer bei der Eigentümerversammlung anwesend sein darf.

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I. Wer darf an der Eigentümerversammlung teilnehmen?

Nach § 23 Abs. 1 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) sind grundsätzlich nur die Wohnungseigentümer und der Verwalter berechtigt, bei der Eigentümerversammlung anwesend zu sein. Die Teilnahme ist nicht öffentlich und generell nur den Mitgliedern der WEG vorbehalten (Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 29.1.1993, Az.: V ZB 24/92). Dies nennt man den Nichtöffentlichkeitsgrundsatz der Eigentümerversammlung.

Ausnahmsweise können berechtigte Interessen eines Einzelnen oder mehrerer Wohnungseigentümer bestehen, die es notwendig machen, dass Dritte bei der Eigentümerversammlung anwesend ist. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn ein Wohnungseigentümer krank ist oder eine Betreuungs- oder Hilfsperson benötigt (vgl. I.2. und I.3.). Auch eine notwendige Sachkunde zu einem Beschlussthema, kann die Anwesenheit eines Dritten erfordern (vgl. I.4.).

1. Anwesenheit der Wohnungseigentümer

Wohnungseigentümer dürfen bei der Eigentümerversammlung immer anwesend sein. Das Recht bei der Eigentümerversammlung persönlich teilzunehmen ist eines der elementaren Rechte der Wohnungseigentümer. Es besteht unabhängig von einem Stimmrechtsausschluss und umfasst die gesamte Eigentümerversammlung. Die Wohnungseigentümer haben durch das Teilnahmerecht nicht nur das Recht bei Abstimmungen ihren Willen zum Ausdruck zu bringen, sondern auch das Recht durch Wortmeldung am Willensbildungsprozess der Eigentümergemeinschaft mitzuwirken.

Als Wohnungseigentümer gelten alle im Grundbuch eingetragenen Eigentümer. Nach § 8 Abs. 3 WEG besteht der Anspruch für Ersterwerber ab Besitzübergabe der Eigentumswohnung, sobald der Anspruch auf Eigentumsübertragung durch Vormerkung im Grundbuch gesichert ist. Das bedeutet, Erwerber von Wohnungseigentum können ebenfalls in der Eigentümerversammlung anwesend sein und von Anfang an mitentscheiden.

2. Teilnahme bevollmächtigter Dritter?

Die Wohnungseigentümer können sich grundsätzlich durch einen Dritten bei der Eigentümerversammlung vertreten lassen, wenn sie nicht persönlich anwesend sein können oder wollen. Ein Wohnungseigentümer kann jede natürliche oder juristische Person bevollmächtigen, zum Beispiel ein Familienmitglied, einen Freund, einen Nachbar, einen Rechtsanwalt oder seinen Mieter.

Die Person des Bevollmächtigten nimmt dann für den Wohnungseigentümer an der Eigentümerversammlung teil und stimmt seinen Vorgaben entsprechend bei den Beschlussfassungen ab. Die Verwaltung darf gegebenenfalls mit dem Bevollmächtigten auch über dessen E-Mail-Account bezüglich der wohnungseigentumsrechtlichen Angelegenheiten kommunizieren (vgl. LG Hamburg, Urteil vom 15. Januar 2020, Az. 318 S 59/19).

Vollmachten für Beschlussfassungen bedürfen nach § 25 Abs. 3 WEG der Textform. Auf der Vollmacht muss der Namen des Vollmachtgebers und des Bevollmächtigten sowie der Umfang der Befugnisse angegeben sein. Der Bevollmächtigte hat dann dieselben Rechte und Pflichten wie der vollmachtgebende Wohnungseigentümer in der Eigentümerversammlung.

Die Vollmacht ist dem Verwalter bestenfalls vor Beginn der Eigentümerversammlung vorzulegen. Der Verwalter prüft dann die Vollmacht und weist sie gegebenenfalls zurück, wenn sie unwirksam ist. Die Zurückweisung wegen der Nichtvorlage der Originalvollmacht nach § 174 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist seit der WEG-Reform 2020 nicht mehr so einfach möglich, da das Gesetz nur eine Vollmacht in Textform erfordert. Die Erteilung der Vollmacht kann daher auch noch durch Nachweis per E-Mail oder SMS während der Eigentümerversammlung erfolgen, falls Zweifel bestehen.

Eine einmal erteilte Vollmacht durch den Wohnungseigentümer kann jederzeit widerrufen werden. Der Widerruf sollte dem Verwalter umgehend mitgeteilt werden.

Speziellere Regelungen für die Vollmachtserteilung und einschränkende Vertretungsregelungen bezüglich der Vollmacht können sich zudem aus der Teilungserklärung oder der Gemeinschaftsordnung ergeben (vgl. unter Punkt III.).

3. Dürfen Familienangehörige/Freunde des Wohnungseigentümers anwesend sein?

Familienangehörige und Freunde des Wohnungseigentümers können nur dann an der Eigentümerversammlung teilnehmen, wenn sie entweder selbst Wohnungseigentümer sind, vom Wohnungseigentümer bevollmächtigt wurden und anstelle dessen teilnehmen oder sie einen Wohnungseigentümer begleiten, der ein berechtigtes Interesse an der Begleitung hat. Ein solches berechtigtes Interesse kann sich aus einer ständigen persönlichen Erschwernis eines Wohnungseigentümers ergeben, wie z.B. bei Schwerhörigkeit des Wohnungseigentümers (vgl. Oberlandesgericht (OLG) Köln, 06.08.2007, Az.: 16 Wx 106/07; Amtsgericht (AG) Hannover, Az.: 482 C 11327/16, 17.02.2017; Landgericht (LG) Lüneburg, 22.09.2017, Az.: 9 S 19/17).

Andernfalls haben sie keinen Anspruch auf Anwesenheit bei der Eigentümerversammlung. Verwalter dürfen Nichtberechtigte anwesende Teilnehmer von der Eigentümerversammlung ausschließen.

4. Teilnahme von sachkundigen Dritten als Berater möglich?

Sachkundige Dritte wie Anwälte, Steuerberater oder Handwerker können ebenfalls nur dann an der Eigentümerversammlung teilnehmen, wenn sie vom Wohnungseigentümer bevollmächtigt wurden oder ein besonderer Grund, wie z.B. ein Beratungserfordernis vorliegt. Das kann z.B. der Fall sein, wenn ein Sachverständiger einen Gutachterauftrag von den Wohnungseigentümern erhalten hat oder die besondere rechtliche oder technische Komplexität eines Tagesordnungspunkts eine fachkundige Unterstützung erfordert (vgl. LG Düsseldorf, Entscheidung vom 25.05.2020, Az.: 25 S 102/19).

So können bestimmte fachkundige Personen, wie z.B. Sachverständige extra vom Verwalter oder von der Mehrheit der Wohnungseigentümer zur Eigentümerversammlung eingeladen werden, um bestimmte Fragen zu erläutern oder zu beraten. Sie dürfen dann bei der Eigentümerversammlung zur Beratung im Rahmen einzelner Tagesordnungspunkte anwesend sein, punktuell angehört und befragt werden. Vor der internen Beratung zwischen den Wohnungseigentümern zu dem jeweiligen Beschlussthema müssen sie die Eigentümerversammlung wieder verlassen (vgl. LG Düsseldorf, Entscheidung vom 25.05.2020, Az.: 25 S 102/19).

II. Darf die Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung Vertreter in der Eigentümerversammlung vorschreiben?

Ja. Die Gemeinschaftsordnung oder die Teilungserklärung kann eine sog. Vertreterklausel enthalten, die den Kreis der möglichen bevollmächtigten Vertreter der Wohnungseigentümer in der Eigentümerversammlung beschränkt. Oftmals sind Regelungen enthalten die nur eine Bevollmächtigung des Verwalters, der Miteigentümer, des Verwaltungsbeirats, naher Angehöriger oder Ehegatten/Lebenspartner oder seine Kinder zulassen.

Aufgrund des Grundsatzes der Nichtöffentlichkeit der Eigentümerversammlung sind solche Klauseln rechtlich nicht zu beanstanden, wenn sie nicht ausnahmsweise gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen (BGH, Urteil vom 11.11.1986: Az.: V ZB 1/86; BGH, Urteil vom 29.01.1993, Az.: V ZB 24/92). So z.B. wegen Erkrankung der Vertretungsperson, sprachlichen oder logistischen Schwierigkeiten der Teilnahme des Wohnungseigentümers, der zugelassene Vertreter im Interessenkonflikt wegen der Eigentümergemeinschaft besteht (vgl. AG Bottrop, Urteil vom 08.06.2022, Az.: 20 C 30/21: rechtswidriger Teilnahmeausschluss).

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III. Was passiert bei Verstoß gegen Nichtöffentlichkeitsgrundsatz der Eigentümerversammlung?

Fassen die Eigentümer einen Beschluss auf einer Eigentümerversammlung, bei der es einen Verstoß gegen den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit der Eigentümerversammlung oder gegen eine Vertretungsbeschränkung der Teilungserklärung bzw. Gemeinschaftsordnung gab, ist der Beschluss nicht zwangsläufig nichtig, sondern nur anfechtbar. Ein formeller Mangel ist nur beachtlich, wenn die Beschlussfassung auf diesem Mangel beruht: Der Verstoß gegen den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit müsste also erkennbare Auswirkungen auf das Abstimmungsverhalten der Wohnungseigentümer haben (vgl. LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 17.03.2010, Az.: 14 S 5126/09). Solange eine geordnete Willensbildung möglich war, wirkt sich ein Verstoß regelmäßig nicht auf die Gültigkeit des Beschlusses aus. Lesen Sie hier, wann die Anfechtbarkeit zur Unwirksamkeit des Beschlusses führt: Eigentümergemeinschaft: Wann ist ein Beschluss anfechtbar?

IV. Zusammenfassung

Insgesamt lässt sich folgendes festhalten: Eine Eigentümerversammlung ist nicht öffentlich. D.h. nur Eigentümer dürfen anwesend sein. Im Einzelfall darf ein Begleiter oder Berater anwesend sein. Überdies dürfen sich Wohnungseigentümer sich vertreten lassen. Hierbei sind allerdings die Vertretungsregeln der Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung zu beachten.

Mein Name ist Dennis Hundt. Seit 2009 schreibe ich hier Beiträge für Immobilien­eigentümer. Mit meinem Portal Hausver­walter-Vermittlung.de helfe ich Eigentümern bei der Suche nach einer neuen Haus­ver­waltung. Eigentümer können hier kostenfrei und unverbindlich Angebote von Hausverwaltungen aus Ihrer Nähe anfordern.

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