Eigentum verpflichtet. Im Wohnungseigentumsrecht findet dieser Grundsatz eine besondere Ausprägung. Wohnungseigentümer streiten bisweilen bis aufs Messer, wenn ein Sondereigentümer baulich aufrüstet. Um Neid, Besserwisserei oder sachlicher Kritik entgegenzuwirken, kommt es darauf an, im Vorfeld die rechtlichen Gegebenheiten einzubeziehen und auf dieser Grundlage die Baumaßnahme zu planen. Wilde Planung riskiert unnötigen Streit und die Rückbauverpflichtung.


Inhalt: Möglichkeiten und Grenzen für Änderungen am Sondereigentum

  1. Vorgaben des WEG
  2. Abgrenzung bauliche Maßnahmen Sondereigentum / Gemeinschaftseigentum
  3. Typische Streitfälle
    1. Eingriffe ins Gemeinschaftseigentum
    2. Keine Eingriffe ins Gemeinschaftseigentum
  4. Wann besteht eine Duldungspflicht der Eigentümergemeinschaft?
  5. Vorgehen bei der Planung von Veränderungen am Sondereigentum
  6. Inhalte eines Genehmigungsantrages
  7. Welche Aspekte beeinflussen die Unbedenklichkeit der Maßnahme?
  8. Muster eines Genehmigungsantrages

1. Vorgaben des WEG

§ 14 Nr. 1 WEG verpflichtet jeden Wohnungseigentümer, die in seinem Sondereigentum stehenden Gebäudeteile so zu nutzen, dass andere Wohnungseigentümer nicht über das unzumutbare Maß hinaus beeinträchtigt werden.
Will der Sondereigentümer Änderungen am Sondereigentum vornehmen, gibt § 5 I WEG die Richtung vor: Gegenstand des Sondereigentums sind alle Räume, die verändert, beseitigt oder eingefügt werden können, ohne dass dadurch das gemeinschaftliche Eigentum oder das Sondereigentum eines anderen Wohnungseigentümers über das nach § 14 hinaus zulässige Maß beeinträchtigt oder die äußere Gestaltung des Gebäudes verändert wird.
Link: Sondereigentum – Was gehört dazu und was nicht?

2. Abgrenzung bauliche Maßnahmen Sondereigentum / Gemeinschaftseigentum

Soweit sich bauliche und haustechnische Maßnahmen ausschließlich auf das Sondereigentum beschränken und keine Einwirkungen auf das gemeinschaftliche Eigentum nach sich ziehen, kann der Sondereigentümer frei entscheiden und braucht keine Genehmigung der übrigen Wohnungseigentümer einzuholen. Wird jedoch das Gemeinschaftseigentum in irgendeiner Weise betroffen, geht es nicht ohne Beteiligung der übrigen Wohnungseigentümer.
Link: Bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum. Wer ist betroffen? Was ist verboten, was ist erlaubt? Wie wird beschlossen? (mit vielen Beispielen und Musterantrag)
Wer ein Sondernutzungsrecht besitzt, hat kein Recht zur Umgestaltung der dadurch erfassten Flächen oder Räumlichkeiten. Denn auch dabei handelt es sich um gemeinschaftliches Eigentum (BGHZ 1973, 201). Insoweit bedarf die Umgestaltung der Zustimmung der Eigentümergemeinschaft.

3. Typische Streitfälle

Meist geht es darum, dass der optische Gesamteindruck der Wohnanlage beeinträchtigt wird. Die Grenzziehung ist nicht immer einfach. Es kommt immer auf die Umstände im Einzelfall an. Die Angabe einzelner Gerichtsurteile ist immer als Orientierungshilfe zu verstehen. Abweichungen im Einzelfall können gegenteilige Ergebnisse begründen.

  • (siehe umfassende Darstellung der Rechtsprechung bei Harz, Kääb, Rieke  Schmid: Miet- und WEG-Recht, 3. Aufl. S. 1530).

3.1. Eingriffe ins Gemeinschaftseigentum

  • Änderungen in der Größe oder Aufteilung der Fenster beeinträchtigen regelmäßig den optischen Gesamteindruck und stellen einen Eingriff in das Gemeinschaftseigentum der (OLG Zweibrücken ZMR 1999, 430);
  • Anbringung einer Balkonverglasung beeinflusst den Gesamteindruck des Gebäudes nachteilig, (BayObLG ZMR 2001, 125);
  • Anbau eines Balkons beeinträchtigt Gesamteindruck des Gebäudes (OLG Hamm ZMR 2005, 221);
  • Terrassenüberdachung, wenn sie die Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums erschwert (BGH Urteil v. 7.2.2014, V ZR 25/13).
  • Aufmauern eines Außenkamins begründet optische Außenwirkung (OLG Köln NZM 2000, 764);
  • Anbringung von Außenrollläden beeinträchtigt auch bei geringer Größe (hier: 15 cm Überstand bzw. 8 cm Verkleinerung der Fensterfläche) das optische Erscheinungsbild nachteilig (OLG Düsseldorf ZMR 1995, 552; ZMR 2000, 119);
  • Einbau von Dachflächenfenstern ist eine nachteilige bauliche Veränderung. Der Eingriff erhöht die Wartungs- und Reparaturanfälligkeit des Daches (OLG Düsseldorf ZMR 2001, 375) oder beeinträchtigt das äußere Erscheinungsbild (OLG Hamburg ZMR 2002, 616). Ist hingegen die Wohnungsnutzung laut Teilungserklärung gestattet, besteht Duldungspflicht (BayObLG ZMR 1997, 90);
  • Aufstellen einer Funkantenne beeinträchtigt Optik (OLG München ZMR 2005, 734); ebenso 7,5 m hohe Mobilfunksendeanlage (OLG Saarbrücken ZMR 1998, 313);
  • Anbringung einer Parabolantenne ist optische Beeinträchtigung (BGH ZMR 2004, 439). Unter Umständen besteht Duldungspflicht, wenn ein ausländischer Miteigentümer seinen Informationsbedarf zur Berichterstattung durch Sender seines Heimatlandes aus anderen öffentlichen zugänglichen Quellen nicht decken kann (BGH ZMR 2004, 439).
  • Katzennetze am Balkon sind optische Beeinträchtigung, wenn sie das einheitliche und harmonische Bild der Fassade deutlich erkennbar und störend unterbrechen (OLG Zweibrücken ZMR 1998, 465);
  • Einbau einer Klimaanlage: Optische Beeinträchtigung, unzumutbare Immission von Geräuschen und Heißluft (OLG Zweibrücken ZMR 1999, 589);
  • Montage von Schutzgittern ist optische Beeinträchtigung. Duldungspflicht bei besonderer Einbruchsgefahr in Erdgeschosswohnung (KG NJW-RR 1994, 401). Allgemeines Lebensrisiko genügt nicht (KG ZMR 2001, 59);
  • Anbau eines Wintergartens bedingt erhebliche Umgestaltung der Fassade (BVerG ZMR 2005, 636);
  • Einbau einer Fußbodenheizung statt normaler Heizkörper (LG Dessau-Roßlau Urteil v.22.5.2014, 5 S 237/13).

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3.2. Keine Eingriffe ins Gemeinschaftseigentum

  • Alle üblichen Renovierungsmaßnahmen, durch die der konstruktive Zustand der Wohnung nicht verändert wird (neue Tapeten, neuer Anstrich);
  • Austausch des vorhandenen Bodenbelags gegen einen Bodenbelag gleicher Art;
  • Erneuerung / Austausch von Sanitäreinrichtungen, Armaturen, Wasserabläufen;
  • Beseitigung, Einbau oder Änderung von nicht tragenden Zwischenwänden, soweit dadurch keine statischen Beeinträchtigungen oder Lärmbelästigungen für die Nachbarn ausgehen;
  • Austauschen von Elektroeinrichtungen und Beleuchtung, Ausnahmen: gemeinschaftliche Anlagen wie Sprechanlage, elektrische Türöffner;
  • Austausch und Veränderung von Heizkörpern, Innentüren, Innenfenstern, Einbauschränken;
  • Austausch von Blumenkästen durch weniger breite Kästen verändert den Gesamteindruck nicht nachteilig (OLG Hamburg ZMR 2003, 442);
  • Anbringung einer Markise, die auch im ausgezogenen Zustand unauffällig wirkt (BayObLG ZMR 1995, 421; OLG Zweibrücken ZMR 2004, 465);
  • Mauerdurchbruch, Deckendurchbruch: Werden zwei Sonder- / Teileigentumseinheiten innerhalb einer Einheit verbunden und dabei lediglich nicht tragende, im Sondereigentum stehende Wände umgebaut, bleibt das Gemeinschaftseigentum unbeeinträchtigt (BGH ZMR 2001, 291);
  • Installation einer mobilen Wäschespinne auf dem Balkon ist keine bauliche Veränderung da die Gegebenheiten nicht dauerhaft umgestaltet werden (OLG Zweibrücken ZMR 2000, 256);
  • Anbringung von Werbung: Duldungspflicht für ortsübliche und angemessene Werbung, wenn die Einheit in zulässiger Weise zu gewerblichen oder freiberuflichen Zwecken genutzt wird (BayObLG ZMR 2001, 124); anders bei wenig geschmackvoller, störender Werbung (OLG Köln ZMR 2002, 381);

4. Wann besteht eine Duldungspflicht der Eigentümergemeinschaft?

Nach § 21 V Nr. 6 WEG muss die Eigentümergemeinschaft den Anschluss einer Wohnung an gemeinschaftliche Versorgungsleitungen und Einrichtungen dulden. Dazu gehören insbesondere die Herstellung einer Fernsprechteilnehmereinrichtung, einer Rundfunkempfangsanlage oder eines Energieversorgungsanschlusses.
In Anlehnung an § 554a BGB (Anspruch des Mieters auf Barrierefreiheit) muss auch die Eigentümergemeinschaft die Herrichtung eines barrierefreien Zugangs und die barrierefreie Ausgestaltung der Wohnung dulden.
Link: Barrierefreiheit Duldungspflicht baulicher Maßnahmen

5. Vorgehen bei der Planung von Veränderungen am Sondereigentum

Viele Gebäudeteile, die sich vermeintlich im Sondereigentum befinden, sind tatsächlich Bestandteil des Gemeinschaftseigentums. Beispiel: Estrich in der Wohnung; tragende Zwischenwände; Außenseite der Fenster und der Wohnungseingangstür.
Eingriffe in das Gemeinschaftseigentum berechtigen die Eigentümergemeinschaft, vom Sondereigentümer den Rückbau zu fordern. Jeder Wohnungseigentümer kann verlangen, dass der Zustand des Gebäudes der Teilungserklärung, den Vereinbarungen und Beschlüssen der Eigentümergemeinschaft entspricht (§ 21 IV WEG). Der Sondereigentümer muss dann auf eigene Kosten die gesamte Maßnahme rückgängig machen und den ursprünglichen Zustand wiederherstellen.
Soweit das Gemeinschaftseigentum betroffen ist und insbesondere in zweifelhaften Fällen, empfiehlt sich unbedingt, die Zustimmung der Wohnungseigentümergemeinschaft einzuholen. Die Gemeinschaft kann durch Mehrheitsbeschluss entscheiden. Grundsätzlich genügt jede Art der Zustimmung. Bereits Kopfnicken genügt. Das Problem besteht aber in der Nachweisbarkeit. Gerade wenn eine bauliche Maßnahme auch gegenüber nachfolgenden Eigentümern dokumentiert werden muss, empfiehlt sich, die Zustimmung der Gemeinschaft durch einen förmlichen Beschluss sicherzustellen. Nur Beschlüsse sind nachvollziehbar. Der Verwalter muss in seiner Beschlusssammlung sämtliche Beschlüsse der Eigentümergemeinschaft dauerhaft aufbewahren (§ 24 VII WEG).

6. Inhalte eines Genehmigungsantrages

Will der Sondereigentümer die Zustimmung der Eigentümergemeinschaft einholen, empfiehlt es sich, den Antrag so genau zu formulieren, dass eine problemlose Beschlussfassung möglich ist. Wer sich darauf beschränkt, die Eigentümergemeinschaft um Genehmigung einer baulichen Maßnahme zu bitten, wird auf wenig Verständnis treffen. Ein Genehmigungsantrag sollte informieren über: …

  • Beschreibung der baulichen Maßnahme
  • Beschreibung und Darstellung der Ausführungsart
  • Beschreibung der technischen und optischen Ausführung und der verwendeten Materialien
  • Darstellung eventueller Konsequenzen für das Gemeinschaftseigentum
  • Vorschläge wie eventuelle Nachteile vermieden oder ausgeglichen werden
  • Erklärung zur Übernahme der Kosten, Folgekosten und Verkehrssicherungspflichten

7. Welche Aspekte beeinflussen die Unbedenklichkeit der Maßnahme?

Bei der Planung sollte der Sondereigentümer berücksichtigen, dass seine Pläne keine negativen Auswirkungen auf das Gemeinschaftseigentum, andere Sondereigentümer oder die Nutzungsrechte anderer Eigentümer haben. Dazu zählen folgende Aspekte: …

  • Optische Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes (Einbau neuer Fenster)
  • Statische und feuerpolizeiliche Beeinträchtigungen und Risiken (Beseitigung tragender Wände, Wand- und Deckendurchbrüche)
  • Beeinträchtigung des Lärmschutzes (Schallschutz, Trittschallschutz): Wird der Bodenbelag ausgetauscht (Teppichboden gegen Fliesen), muss der Trittschallschutz eingehalten werden; Der Einbau einer Klimaanlage darf nicht zur Lärmbelästigung des Nachbarn führen.
  • Auswirkungen auf Kosten und Nutzung der Funktionalität technischer Anlagen: Einbau einer Fußbodenheizung muss technisch kompatibel sein; ordnungsgemäße Verbrauchserfassung muss gewährleistet bleiben; Einbau neuer Heizkörper darf Kapazität der Heizungsanlage nicht überfordern).

Um die bauliche Unbedenklichkeit nachzuweisen, sollte eine entsprechende Bestätigung einer Fachfirma oder ein Gutachten eines Sachverständigen vorgelegt werden. Um den Eindruck eines Gefälligkeitsgutachtens zu vermeiden, kann die Eigentümergemeinschaft in die Auswahl einbezogen werden.

8. Muster eines Genehmigungsantrages

… „Ich beantrage, den Umbau meines Balkons zu einem Wintergarten zu genehmigen. Da mein Balkon zur Waldseite hin gelegen ist, beeinträchtigt die Maßnahme nicht das optische Erscheinungsbild der Wohnungsanlage. Sie wertet es sogar auf. Die Art der Durchführung ergibt sich aus dem beigefügten Angebot der Firma Mueller vom 4.3.2014.
Die Erklärung der Fachfirma und die Unbedenklichkeitsbescheinigung der Baubehörde dokumentieren, dass keine Beeinträchtigungen des Gemeinschaftseigentums zu erwarten sind. Ich übernehme sämtliche Kosten der Maßnahme und hafte für den ordnungsgemäßen und fachgerechten Umbau. Darüber hinaus übernehme ich sämtliche Folgekosten der Instandhaltung und Instandsetzung, Wartung und Reinigung sowie damit verbundene Verkehrssicherungspflichten. Ich stelle die Wohnungseigentümergemeinschaft von eventuell entstehenden Kosten und Pflichten durch diese bauliche Maßnahme frei.“ …

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Mein Name ist Dennis Hundt. Seit 2009 schreibe ich hier Beiträge für Immobilien­eigentümer. Mit meinem Portal Hausver­walter-Vermittlung.de helfe ich Eigentümern bei der Suche nach einer neuen Haus­ver­waltung. Eigentümer können hier kostenfrei und unverbindlich Angebote von Hausverwaltungen aus Ihrer Nähe anfordern.

1 Gedanke zu „Änderungen am Sondereigentum – Was ist möglich, wo liegen die Grenzen?“

  1. Hallo Dennis,
    vielen Dank für diesen Artikel. Ich muss sagen, dass es wirklich manchmal schwierig ist, sich bei Gemeinschaftseigentum zu einigen. Insbesondere wenn es um hohe Kosten wie z.B beim Balkonbau , Balkonanbau oder Einbau einer Fussbodenheizung geht gibt es immer Jemand, der nicht damit einverstanden ist. Jedoch finde ich solche Arbeiten wichtig, weil man somit den Wert einer Wohnung steigern kann.
    Vielen Dank also für diesen Artikel, der mir ein bisschen Klarheit in diesem Thema geschaffen hat. Ich hoffe, dass bei den nächsten Arbeiten bei uns im Haus alle dieselbe Meinung haben werden 😉
    LG,
    Sarah

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